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Die IT-Branche macht uns krank

In den vergangenen Jahren hat sich die Belastungssituation für Beschäftigte in der IT-Wirtschaft deutlich verschärft, fanden Andreas Boes, Tobias Kämpf und Katrin Trinks vom Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. München (ISF) im Forschungsprojekt DIWA-IT heraus.

Nach diesen Ergebnissen ist eine grundlegend neue Belastungskonstellation entstanden, die durch vier Faktoren gekennzeichnet ist:

  • die zunehmende Leistungsverdichtung,
  • die Paradoxien neuer Managementkonzepte,
  • eine Veränderung der betrieblichen Sozialordnungen und
  • eine generelle Zunahme von Unsicherheiten.

Die Ergebnisse zeigen, dass fast die Hälfte der befragten Beschäftigten (49,5 Prozent) über starke oder sehr starke Belastung durch Zeitdruck und Arbeitsaufkommen klagt – im Vergleich zu knapp 30 Prozent aller hochqualifizierten Beschäftigten und gut 23 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland.

Vor allem dort, wo die vier genannten Faktoren nahezu ungebremst auf die Beschäftigten einwirken und sich gegenseitig aufschaukeln, wirke sich dies massiv auf die Gesundheit aus, so die Forscher. In diesen Fällen berichten mehr als 50 Prozent der Befragten, dass sie sich immer wieder an der Grenze ihrer Belastbarkeit erleben – oder diese Grenze schon in Form eines gesundheitlichen Zusammenbruchs am eigenen Leib erfahren haben.

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Silicon-Redaktion

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  • Nichts wirklich Neues, oder?
    Wie oft haben wir solche oder ähnliche Befunde schon gelesen?

    Viel zu häufig aus meiner Sicht! Jeder von uns, der in der IT-Branche engagiert ist, kennt die Probleme und auch die Ursachen. So wie sie auch in diesem Projekt klar zutage treten: Die Unfähigkeit, mit Stress umzugehen.

    Was hier aus meiner Sicht vernachlässigt wird, ist der Ansatzpunkt der persönlichen Stärkung. Stress ist ein kognitives Konstrukt und der Umgang mit Stress läßt sich durch Training, zuerst und vor allem im mentalen Bereich, deutlich verbessern. Es geht im Kern darum, jeden Einzelnen zu befähigen, die eigene Arbeitsmenge zu analysieren, zu strukturieren und dann bearbeitbar zu machen. Trotz vorgeblich schwacher Führungskräfte und unfähiger Kollegen.

    Das scheint aus bisheriger Erfahrung der erfolgversprechendste Weg.

  • Die Mär vom Stressmanagement
    Robert Harst unterliegt in seinem Kommentar dem Irrtum aller Anwärter auf das Burn-Out-Syndrom. Zwar kann man der zunehmenden Leistungsverdichtung und auch der zunehmenden Unsicherheit mit den Methoden des Stressmanagements erfolgreich begegnen, die eigentlich kritischen Faktoren sind aber, wie Boes, Kämpf und Trinks richtig aufzeigen, die Paradoxien im Magagementkonzept und die Wertevorstellungen der betriebliche Sozialordnung. Erstere führen zu Widersprüchen, deren Auflösung durch ein als selbstverständlich dargestelltes und damit nicht in Frage zu stellendes Wertesystem (Beispiel: "High Performance Culture")unmöglich gemacht wird. Es sind die sich aus diesen Widersprüchen zwangsläufig ergebenden unlösbaren Konflikte, die krank machen,nicht zu hohe Arbeitslast oder soziale Unsicherheit. Wenn vorgegebene Ziele und Anforderungen der täglichen Arbeit nicht mehr miteinander vereinbar sind und wenn es die "Unternehmenskultur" gleichzeitig verbietet, die zu Grunde liegende Paradoxien zu hinterfragen, dann ist der physische und psychische Zusammenbruch vorprogrammiert.

  • Stress am Arbeitsplatz ist kein individuelles Schicksal
    Wenn die Hälfte der Beschäftigten in der IT über starke oder sehr starke Belastung durch Zeitdruck und Arbeitsaufkommen klagen, dann ist dies kein individuelles Problem mehr. Vielmehr ist es ein strukturelles Problem. Durch ein bisschen Zeitmanagement und Progressive Muskelentspannung kann es nicht gelöst werden. Die Ursachen liegen einfach darin, dass zu viel Arbeit gleichzeitig erledigt werden muss.

    Ich meine wir müssen endlich runter vom hohen Ross unserer Selbstüberschätzung, dass wir alles erledigen können, wenn wir nur konzentriert genug und perfekt organisiert arbeiten. Wir müssen erkennen, dass an vielen Stellen, die Arbeit auf mehr Schreibtische verteilt werden muss.

    Wir müssen uns wohl zurückerinnern an die Menschen, die noch mit ihren Händen arbeiten. Sie haben zu schnell laufende Bänder nicht als individuelles Problem betrachtet und durch mentales Training auszugleichen versucht. Sie haben sich kollektiv dagegen gewehrt, zusammen mit Betriebsräten zum Beispiel. Vielleicht müssen wir uns daran einfach mal ein Beispiel nehmen ? auch wenn es uns schwerfällt zuzugeben, dass wir eben nicht jede Belastung aushalten. Vor allem lebenslang.

  • Warum ist Arbeitsplanung denn so schwer?
    Ich habe eine Aufgabe vor mir. Aus Erfahrung weiß ich, die Arbeit dauert - sagen wir mal - 10 Arbeitstage je 8 Stunden.
    Nach Adam Riese kann es nicht sein, dass die Arbeit in 7 Tagen fertig ist. Das weiß jeder, der schon mal beim Arbeiten auf die Uhr geschaut hat und seine Leistung richtig einschätzen kann.
    Wer sich also darauf einlässt, mehr Leistung in immer kürzerer Zeit zu erbringen, der ist an dem entstehenden Stress selbst schuld und muss sich nicht wundern, wenn sich irgendwann nach permanenter Überlastung Burn-Out einstellt.
    Eigentlich ist es also ganz einfach: Liebe Programmierer, Projektleiter, Arbeitsvorbereiter und wie Ihr alle heißen mögt in der Branche, plant die Arbeit richtig, lasst ein bisserl Luft zum Nachdenken, zum Verschnaufen und für Unwägbarkeiten, setzt Eure Mitarbeiter und Untergebenen nicht unnötig unter Druck und macht Kunden keine voreiligen Versprechen, die ohnehin nicht einzuhalten sind. Kunden mögen das nicht! Wenn mir ein Lieferant einen Termin verspricht, möchte ich, dass er ihn einhält und ich habe es lieber, der Termin ist ein paar Tage später, als früher und nicht einzuhalten.

    Wie gesagt, es ist ganz einfach. Man muss es nur tun.
    Seit ich selbständig bin habe ich keinen Stress mehr, weil ich mich auf Termine nicht einlasse, von denen ich schon im Vorfeld ahne, dass sie nicht einhaltbar sind.

    Und: Liebe gestresste IT-ler: Lasst Euch doch um der Himmels willen nicht so verheizen! Burn-Out und Herzinfarkt dankt einem nämlich kein einziger Arbeitgeber. Da heißt es dann nur lapidar: "Ja, ja, er hat halt keinen Feierabend gekannt, er war ja so engagiert im Job, hat sich die Arbeit mit nach Hause genommen, so ein toller Mitarbeiter und "nu isser dout!" Hätt sich doch mehr Ruhe gönnen sollen."

    Ich weiß schon, ich red mich leicht, ich bin ja auch NUR eine Frau. Allerdings ohne burn-out und ohne Stress. :-)

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