Quelle starb im Internet
Wenn Unternehmen scheitern – wie jüngst Qimonda – dann ist offiziell oft der “Markt” Schuld. Im Fall Quelle versucht kaum jemand, das Unternehmen zum Opfer äußerer Umstände zu stilisieren. Vielmehr ist klar: Angestellte Manager haben mindestens 7000 Mitarbeiter von Quelle Deutschland um ihre Arbeitsplätze und die Quelle-Besitzerin Madeleine Schickedanz um einen Teil ihres Vermögens gebracht.
In den 90er Jahren habe ich als Student bei Quelle Leipzig gearbeitet. Dort war ich in der ‘Video-Erfassung’ tätig. Dies funktionierte so: Ein ankommendes Warenpaket läuft über ein Fließband und stoppt vor einer Videokamera. Die Kamera filmt die Paketnummer und überträgt sie in ein Großraum-Büro, in dem insgesamt zwanzig Frauen und Studenten vor Rechnern sitzen. Die Paketnummer wird auf einem der Computer angezeigt und vom Video-Erfasser eingetippt. Der Mitarbeiter drückt die Enter-Taste und das Paket läuft auf dem Fließband weiter.
Vermutlich fragen Sie sich jetzt, ob diese Lösung effektiv ist. Das ist die Frage bei sehr vielem, was Quelle-Manager in den vergangenen Jahren unternommen haben. So hat die Fusion von Quelle und Karstadt vor zehn Jahren kaum Synergien gebracht. Die Idee, Warenhaus und Universalversand zu kombinieren, scheiterte am mangelnden Interesse der Zielgruppe.
‘Neueste Quelle-Nachrichten’ aus dem Jahr 1932
Foto: quelle.com
Das größte Versäumnis des Managements besteht jedoch darin, das Internet unterschätzt zu haben. Viel zu spät wurde online investiert. Nach Angaben von Nielsen Online lag quelle.de im Mai in der Hitliste der meistbesuchten Online-Händler nur auf Rang vier. Platz eins nahm Ebay ein, gefolgt von Amazon und Neckermann. Mit 17,8 Einzelbesuchern hatte Ebay fast drei Mal so viel Besucher wie Quelle (6,1 Millionen).
Der Auftritt quelle.de ist zudem nicht so gestaltet, dass er Internet-affine Zielgruppen anspricht. Im aktuellen ‘Image-Ranking von Online-Shops’ des Kölner E-Commerce-Center Handel am Institut für Handelsforschung (ECC) liegt Quelle nur auf Rang 14 von 20. Demnach erreicht quelle.de den besten Image-Wert bei der Zielgruppe 60-Plus, während die unter 20-Jährigen den Versandhändler mit einer schlechten Bewertung des Gesamteindrucks abstrafen.