Quelloffenes Master Data Management
Was da geschehen ist, zählt zu den eher seltenen Ereignissen in der Open-Source-Welt: Nicht ein Anbieter oder eine Community entwickeln eine quelloffene Lösung, sondern eine Firma kauft ein proprietäres Produkt, um es frei zugänglich zu machen.
Das französische Unternehmen Talend, ein Open-Source-Spezialist für Datenintegration, hat von der Firma Amalto aus Frankreich ‘Xtentis’ gekauft. Dies ist eine bisher wenig verbreitete Lösung für das ‘Master Data Management’ (MDM), auf die Amalto verzichtet, um sich auf das Kerngeschäft des Datenaustausches zwischen französischen Energieversorgern zu konzentrieren.
Master Data Management ist eine Technik, die sich bisher nur sehr große Anwender leisten. Sie dient dazu, über ein Repository die Daten verschiedener Anwendungen aus unterschiedlichen Firmenabteilungen in Übereinstimmung zu bringen. Die gemeinsam genutzten Informationen über Produkte, Kunden, Mitarbeiter et cetera sind häufig inkonsistent und werden per MDM nach bestimmten Regeln auf “eine einzige Version der Wahrheit” gebracht, wie es der Talend-Gründer und -CEO Bertrand Diard formuliert. Vor allem reduziert dies die Aufwendungen für die Datenhaltung und verbessert die Kundenbeziehungen.
Allerdings stehen den Vorteilen enorme Kosten gegenüber. Allein für die Software sind nach Angaben von Talend mindestens einige hunderttausend, im Schnitt eine halbe Million Dollar fällig. Noch teurer sind Beratung und Services um die Einrichtung der Lösung. Denn zunächst ist zu klären, welche Daten die verschiedenen Anwendungen gemeinsam gebrauchen – und zwar auch mit Blick auf die Zukunft einer Organisation. Erst danach geht es an die Integration der Informationsbestände. So entstehen Projekte, die Millionen Dollar kosten und sich zwei, drei Jahre hinziehen. Für IT-Anbieter und Dienstleister eine hochprofitable Angelegenheit.
Den Markt dominieren IBM und Oracle mit mehreren branchenspezifischen Lösungen neben Nischen-Playern wie Siperian oder Initiate. Bei Sun gab es ein Open-Source-MDM-Projekt mit dem Namen “Mural“, das bisher zu keinem Produkt geführt hat und dessen Schicksal unter dem Oracle-Dach fraglich ist. So dürfte Talend der erste Anbieter einer Open-Source-MDM-Lösung sein, wenn das MDM-Angebot wie angekündigt im Januar nächsten Jahres erscheint. Und die exorbitanten Preise der proprietären Anbieter dürften ins Rutschen geraten.