Quelloffenes Master Data Management
Was da geschehen ist, zählt zu den eher seltenen Ereignissen in der Open-Source-Welt: Nicht ein Anbieter oder eine Community entwickeln eine quelloffene Lösung, sondern eine Firma kauft ein proprietäres Produkt, um es frei zugänglich zu machen.
“Wir wollen MDM für eine breite Schicht von Anwendern zugänglich machen, für die diese Technik bisher unerschwinglich war”, erklärt Talend-Gründer Diard im Gespräch mit dem Autor. “Wir werden auch diesen Markt verändern und auf Augenhöhe mit etablierten Anbietern wie IBM und Oracle konkurrieren.” Die Gründe der Zuversicht: Seit 1996 hat Talend mit ‘Open Studio’, in der kommerziellen Variante ‘Integration Suite’, den lukrativen Markt für Datenintegration und -migration in Bewegung gebracht. Momentan wird Open Studio einmal pro Minute von Interessenten aus dem Internet heruntergeladen. Und zu den derzeit gut 600 zahlenden Kunden der Integration Suite kommen monatlich 50 dazu.
Gleichwohl scheint die Zielgruppe für MDM-Produkte nicht ganz klar zu sein. Da ist einerseits von “Demokratisierung des Marktes” und “MDM für die Massen” die Rede. Andererseits erwähnen Talend-Dokumente einen “Top-down approach”. Das dürfte seine Ursache in Erfahrungen mit den bisherigen Produkte haben: Talend meinte ursprünglich, nur in der Fortune-1000-Klasse reüssieren zu können. Tatsächlich kommt dieser Kundenkreis heute für weniger als ein Drittel der Umsätze auf. Die Durchschnittsanwender sind wesentlich kleinere Firmen.
Der Name des Produkts und viele technische Details sind noch unbekannt. Erklärtermaßen aber wird Talend bei seiner ‘Open-Core’-Strategie bleiben, nach der das Unternehmen auch seine anderen Produkte vertreibt. Das heißt, unter der General Public License (GPL) kommt das Kernprodukt in einer Einzelplatzversion auf den Markt. Parallel dazu gibt es eine kommerzielle, mehrplatzfähige Lösung aus dem Kernprodukt plus technischen Erweiterungen sowie Service und Support, die pro Entwicklerarbeitsplatz berechnet wird.
Die kostenlose Einzelplatzversion ermöglicht es Interessierten, die Funktionen des Produkts zu erlernen, es vor Projektstart auf seine Eignung zu testen und schon vorab Anpassungen an firmenspezifische Anforderungen zu entwickeln. Der Preis der kommerziellen Version ist noch nicht absehbar. Andere Talend-Lösungen sollen je nach Anwendungsumgebung im Durchschnitt zehn bis 20 Prozent günstiger als proprietäre Angebote sein.