Die IT zwischen Totensonntag und Allerheiligen
In den Balkonkästen verfaulen die Geranien, in den leeren Biergärten raschelt Herbstgold von den Kastanien und – letzter untrüglicher Herbstindikator – untote Kinder ziehen plündernd von Haus zu Haus. Dabei können wir gar nichts geben, es ist alles für Messeveranstaltung draufgegangen. Es war ein Mordsspaß!
Das Hauptproblem der Medienbranche besteht in einer Technik, auf die die IT-Branche nach wie vor alle Hoffnungen setzt. Das – horror vacui – Internet und ihre Ausfütterung durch soziale Netze. Da muss man mitmachen, drohen die Berater ihren Kunden. Wie man damit Geld macht, wusste man auf den Medientagen allerdings ebenso wenig wie auf den früheren Veranstaltungen. Für die Medienindustrie lässt sich die Situation am besten mit einem etwas angestaubten Witz umschreiben: Gestern standen wir am Abgrund, heute sind wir einen Schritt weiter. Wem es jetzt nicht gruselt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Hier sind Helden gefragt! So forderte der bayrische Medien-Minister Siegfried (sic) Schneider den Rundfunk-Staatsvertrag mittelfristig durch einen übergreifenden Medienvertrag zu ersetzen. Das wird den Abyssus, in den die Branche derzeit stürzt, sicherlich auffüllen. Da muss es uns ebenso wenig gruseln wie Schneiders Chef Seehofer vor dem Guttenberg. Hihi, das war ein Mörderwitz! Ein Killer fast! Übrigens steht “Gutti” auf Death Metal, aber das würde hier zu weit führen…
In den USA weiß übrigens jedes halbwüchsige Gespenst, dass Bezahlinhalte nur für ganz wenige Marktteilnehmer funktionieren. In München brauchte es dafür den Philosophen Richard David Precht. Der wurde mit “Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?” berühmt. Diese Frage hat er sich nebenbei gesagt auch bei den Halloween-Kindern abgeschaut.
Apropos Süßes und Saures: Marketingmenschen weisen nicht zu Unrecht darauf hin, dass die Jugend die herkömmlichen Massenmedien in der Mehrheit ignoriert. Die Folgen, darauf verweist der Hubert Burda, sind dramatisch, um nicht zu sagen gruselig. Nicht nur, dass Google 70 Prozent der Werbeeinnahmen an sich zieht. Das punktgenaue Profiling – hört ihr auch das leise “kriek-kriek” eines Rollstuhls? – fördert zudem die Entwicklung des Menschen hin zu dem, was Precht einen “Masseneremiten” nennt. Man könnte sagen, Google nimmt die Rolle der SAP als Allesverschlinger ein. Monstermäßig! Wir warten auf die erste Selbsthilfegruppe für ganz Ausgegoogelte.
Alles vergänglich. Nichts als Nebel, Düsternis und Verdammnis. Ich glaube, es wird Zeit sich nach einem Plätzchen auf dem Friedhof umzuziehen… Aber wenigstens der Tod ist sicher. Und immer dran denken: The last laugh is on you! Ach, wenn wir den Brian nicht hätten, dann wäre es einfach zu gruselig.
Das in der vergangenen Woche angekündigte Literarische IT-Quartett hat sich unmittelbar nach seiner Konstitution in “silicons sillycom” umbenannt. Kriemhilde Klippstätter, Hermann Gfaller, Ludger Schmitz und Bernd Seidel hielten diese Titulierung als mehr ihrem Niveau entsprechend. In der kommenden Woche wird Ludger Schmitz der Branche die Leviten lesen.