Stark umstritten war bis zuletzt, ob und wie Internet-Nutzern bei Rechtsverstößen der Anschluss gekappt werden darf – etwa im Fall von Urheberrechtsverletzungen. EU-Parlament und Mitgliedsstaaten haben sich vor der heutigen Abstimmung geeinigt, dass es dafür hohe Hürden geben soll. Voraussetzung sei ein “faires und unabhängiges Rechtsverfahren”.
Der Bitkom begrüßt die Schaffung dieser Hürde. Die EU-Länder gehen mit dem heiklen Thema unterschiedlich um. So hat Frankreich den Weg für eine komplette Sperrung des Internet-Anschlusses freigemacht, während es in Deutschland keine gesetzliche Grundlage gibt. “Die Teilhabe an der Informationsgesellschaft ist ein hohes Gut, das nicht vorschnell in Frage gestellt werden darf”, betonte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. “Vorrang muss haben, bei Rechtsverstößen die geltenden Gesetze konsequent anzuwenden.”
Der Branchenverband zeigt sich insgesamt zufrieden mit den neuen Rahmenbedingungen, die durch die neue Richtlinie geschaffen werden: “Das sogenannte Telekom-Paket schafft Rechts- und Planungssicherheit für die nächsten zehn Jahre”, erklärt Scheer. Das gilt etwa für den Ausbau von Breitband-Netzen der nächsten Generation. “Wer in Highspeed-Internet investiert, profitiert vom Telekom-Paket”, sagte Scheer. Nationale Regulierungsbehörden müssen bei ihren Entscheidungen künftig die Investitionsrisiken der Anbieter angemessen anerkennen und Kooperationen zwischen Wettbewerbern zulassen.
“Die Breitband-Investitionen sind kaum von einzelnen Unternehmen zu stemmen. Kooperationen dürfen nicht grundsätzlich durch kartellrechtliche Bedenken unterbunden werden”, betonte Scheer. Mit dem Telekom-Paket wird auch eine flexiblere Frequenzvergabe für mobile Breitband-Netze eingeführt. “Durch die Umstellung auf digitales Fernsehen werden wertvolle Frequenzen frei, die zur drahtlosen Internet-Versorgung genutzt werden können. Das ist im Telekom-Paket fest verankert”, so Scheer.
Positiv wertet der Branchenverband auch die Einrichtung eines Gremiums, in dem sich die nationalen Regulierungsbehörden abstimmen. “Die Schaffung eines bürokratischen Super-Regulierers ist damit vom Tisch. Das ist eine gute Nachricht für alle Anbieter”, sagte Scheer. Die neue Institution heißt “Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation” (GEREK). Die Regulierungsbehörden in den EU-Ländern überwachen den Markt für Telekommunikation seit seiner Liberalisierung vor etwa zehn Jahren. Gab es damals in der Regel nur eine staatliche Telefongesellschaft, sorgen heute viele Anbieter für ein großes Angebot bei Diensten und Tarifen.
Nach der Verabschiedung des Reformpakets durch das EU-Parlament hat der Bundestag 18 Monate Zeit, um die Richtlinien in nationales Recht umzusetzen.
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