2010: Mit Schwarzarbeit aus der Krise?
Länder, in denen die Schattenwirtschaft eine viel größere Rolle spielt als in Deutschland, sind bislang vergleichsweise gut durch die Krise gekommen, sagt Sebastian Kubsch, Analyst bei Deutsche Bank Research. Können die Deutschen also im Jahr 2010 die Wirtschaft ankurbeln, in dem sie ihre Häuser schwarz bauen? Kubsch kommt zu einem überraschenden Schluss.
Wir Deutschen können uns nicht entscheiden. Der Anteil der Schattenwirtschaft am BIP (Bruttoinlandsprodukt) liegt in Deutschland bei knapp 15 Prozent und damit im europäischen Mittelmaß. Weder arbeiten wir Deutschen so richtig ehrlich wie die Österreicher, noch arbeiten wir so stark am Staat vorbei, wie es beispielsweise die Griechen tun. Die Quittung kam: Die Wirtschaftskrise traf die unentschiedenen Deutschen mit einer Schrumpfung des BIP von 5 Prozent besonders hart. Künftig dürfte nur eines helfen: Egal ob gut oder böse, wir sollten uns für eine Seite entscheiden.
Im inoffiziellen Sektor, der sogenannten Schattenwirtschaft, werden alle wirtschaftlichen Aktivitäten zusammengefasst, die an der behördlichen Erkenntnis vorbei durchgeführt werden. Dazu gehören sowohl illegale Aktivitäten (zum Beispiel der Handel mit Drogen) als auch der Einsatz von Material oder Arbeitskraft ohne Rechnungserstellung (Schwarzarbeit). Unter die Schwarzarbeit fallen sowohl der bar bezahlte Handwerker, der auf eine Rechnung und damit auch auf Steuern und Sozialbeiträge verzichtet, wie auch der Nachhilfelehrer, der ebenso bar und ohne Kenntnis des Finanzamtes bezahlt wird.
Seit dem Ende der New Economy Krise im Jahr 2003 ist der Anteil der Schattenwirtschaft in Deutschland kontinuierlich von knapp 17 Prozent auf 14,2 des offiziellen BIP gefallen. Im Jahr 2009 wird der Umfang des Schattensektors erstmals seit 2003 wieder steigen, laut der Universität Linz auf bis zu 14,6 Prozent. Für Deutschland entspricht dieser Wert einem Produktionsvolumen von 352 Milliarden Euro, die 2009 an der offiziellen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und damit am Finanzamt vorbei erwirtschaftet wurden.
Theoretisch ist es durchaus offen, ob die Schattenwirtschaft in einer Krise an Bedeutung gewinnt. Und es ist ebenfalls offen, ob eine große Schattenwirtschaft die Krisenanfälligkeit der Wirtschaft prinzipiell dämpft oder vergrößert. Empirisch freilich scheint alles klar: Es zeigt sich, dass Staaten mit einem sehr hohen oder sehr niedrigen Anteil der Schattenwirtschaft deutlich weniger von den konjunkturellen Schwankungen der Weltwirtschaft betroffen sind als Länder mit einer eher durchschnittlichen Schattenwirtschaftsintensität.
So fiel das BIP von Staaten mit besonders ehrlich (im Sinne von offiziell) arbeitender Bevölkerung wie Österreich, Frankreich und die Niederlande im Jahr 2009 lediglich um 2-4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Noch besser sieht es jedoch in Ländern wie Griechenland oder Portugal aus, in denen fast ein Viertel der offiziellen Wirtschaftsleistung zusätzlich im Schattensektor produziert wird. Die Wirtschaft dieser Länder schrumpft 2009 um nur zirka 0,7 beziehungsweise 2,6 Prozent.