Investoren-Rebellion bei Infineon geplatzt
Schlammschlacht war das Schlüsselwort der Hauptversammlung des Chipherstellers Infineon. Die heiße Debatte zwischen Infineon und dessen Investoren zog sich am Donnerstag bis in die späten Abendstunden. Das Ergebnis war ernüchternd.
Die Pensionsfonds Hermes und andere Aktionäre wollten allerdings mit aller Macht verhindern, dass Wucherer an die Spitze des Aufsichtsrats gestellt wird. Sie machen sich Sorgen um die Corporate Governance bei Infineon. Denn nicht nur der umstrittene ehemalige Vorstandsvorsitzende Kley hat keine reine ‘weiße Weste’ – auch der nun neu gewählte Aufsichtsrat gehört zusammen mit einem Großteil des Infineon-Vorstands zu der alten Riege, die die ehemalige Tochterfirma von Siemens auf höchst ungesunde Weise dominierten.
So gehörte er zur Führungsspitze von Siemens als das Unternehmen von massiven Korruptionsfällen erschüttert wurde. Wucherer selbst wurde allerdings nie etwas nachgewiesen. Die Investoren glaubten, dass mit seiner Nachfolge das sogenannte Münchner “Intrigantenstadl” weitergeführt werde und Infineon durch weitere Managementfehler daran gehindert werde, sich aus der schwierigen wirtschaftlichen Lage zu befreien.
Wucherer selbst betonte noch einmal, dass er mit den Siemens-Korruptionsfällen nichts zu tun habe und ihm nach Prüfung der Staatsanwaltschaft nie etwas nachgewiesen wurde. Er beteuerte seine persönliche Unabhängigkeit.
Doch zurück zur Hauptversammlung. Berchtolds Rede hielt sich in einem sehr übersichtlichen Rahmen. Nur drei Minuten dann war er wieder von der Bildfläche verschwunden. “Wir brauchen in Deutschland und Europa eine erfolgreiche Halbleiterindustrie, deshalb engagiere ich mich für Infineon.” Außerdem führte er noch aus: “Infineon muss stark werden durch Innovation und Wachstum und mit einer neuen Spitze im Aufsichtsrat”. Eine sehr allgemeine Aussage. Seine genauen Beweggründe für seine Kandidatur verschwieg er dem Vorstand und den Aktionären. Dafür verriet er, dass er verheiratet ist, zwei Söhne hat und stolz darauf sei am Bodensee zu leben.
Trotz des recht harmlosen Auftritts, begann ein hitziges Hin und Her zwischen den Fronten. Unter den Investoren gab es unterschiedliche Meinungen. Daniela Bergdolt, Sprecherin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierschutz (DSW) favorisierte Berchtold als Kandidaten. “Sie hätten diese Schlammschlacht verhindern müssen”, warf Bergdolt in Richtung Kley. Mit energischer Stimme sprach sie: “Es ist Zeit für einen Neuanfang und das besonders im Aufsichtsrat. Wir brauchen einen Aufsichtsratsvorstand der mit voller Kraft für das Unternehmen arbeitet und das Wohl des Unternehmens im Auge hat und nicht persönliche Befindlichkeiten”. Dabei spielte sie auf die einjährige Ausübung des Aufsichtsrat-Postens von Wucherer an. Die nächsten Redner waren wieder auf Kleys und Wucherers Seite: die Aktionärsvertretung SdK und Union Investment. Dann kam Hirt an die Reihe und betonte, dass es vor allem darum gehe, dass in den nächsten zehn Jahren bei Infineon Wert geschaffen und nicht weiter zerstört werde.
Schließlich erzielten die Wucherer-Gegner am Donnerstagnachmittag einen Teilerfolg. Mit 64 Prozent stimmten die Aktionäre dem Antrag zu, über die Wahl von Berchtold vor dem Vorschlag des Aufsichtsrats zu entscheiden. Ab da schien der Weg für Berchtold in die Führungsriege von Infineon offen. Doch Kley reagiert ganz gelassen auf diese Abstimmung. Er lobte seine Arbeit und die des Vorstandes, er verstehe überhaupt nicht was dieser Aufruhr soll. “Angesichts der Krise, läuft es bei Infineon besser als erwartet”, sagt Kley.
Als die endgültige Entscheidung am frühen Abend fiel, schien Kley der heimliche Sieger zu sein. Berchtold war mit Saus und Braus bei den Aktionären durchgefallen, nur 27,4 Prozent stimmten für ihn. Der so emotionslos wirkende Kley verzog bei Bekanntgabe der Ergebnisse keine Miene, doch innerlich wird er wohl gejubelt haben. Denn so kann er geruhsam von seinem so lange angewärmten Posten als Vorsitzender des Aufsichtsrats zurücktreten und den Platz für Wucherer frei machen. Zumindest für ein Jahr!
Der Verlierer des Tages. Willi Berchtold bekam nur 27,4 Prozent der Aktionärsstimmen.
Foto: ZF Friedrichshafen AG