Denn der neu gewählte Aufsichtsrat des Münchner Unternehmens ist ganz im Sinne des Vorstandes. Der Wunschkandidat Klaus Wucherer wurde einstimmig zum Vorsitzenden des Infineon-Aufsichtsrates gewählt. Doch wie kam es dazu? Und was hat das Ganze mit Rebellion zu tun?
Genauer gesagt begann die stille Revolte der Investoren schon vor 18 Monaten. Da begann Hans-Christoph Hirt, Manager beim britischen Pensionsfonds Hermes, mit der Führungsriege von Infineon Kontakt aufzunehmen, um eine Erneuerung des betagten Aufsichtsrats durchzusetzen. In dieser Zeit kam jedoch nicht viel vom Vorstand zurück. Ein Gespräch mit dem ehemaligen Aufsichtsratsvorstand Max Dietrich Kley und im November 2009 Gespräche mit zwei Vertretern des Aufsichtsrates.
Ab dann herrschte allerdings Stille von Seiten des Halbleiter-Konzerns. “Mir fehlte die Kommunikation zwischen den Investoren und Infineon”, sagte Hirt auf der Hauptversammlung. Deshalb stellte er auch einen Gegenantrag und schickte seinen eigenen Kandidaten für die Leitung des Aufsichtsrats ins Rennen: Willi Berchtold, den Finanzchef des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen. Bei Hirts Wortmeldung auf der Hauptversammlung, übte er herbe Kritik am Vorstand und an Wucherer. “Wucherer ist schon seit 1999 im Aufsichtsrat und genießt deshalb nicht das Vertrauen der Aktionäre. Die Spitze des Aufsichtsrats müsste ausgewechselt werden um einen richtigen Neuanfang für Infineon zu schaffen”, kritisierte Hirt mit vehementer Entschlossenheit. Mit dem Versuch Berchtold in den Aufsichtsrat zu hieven, hätte zum ersten Mal in der Geschichte eines Dax-Konzerns, die Aktionäre gegen den Willen der Firma, ihren eigenen Kandidaten an die Spitze des Aufsichtsrats gewählt. Doch daraus wurde ja bekanntlich nichts.
Ex-Vorstand Kley wollte nach seiner Abdankung einen guten Bekannten ins Boot holen. Den 65-jährigen Wucherer, der seit Jahren Mitglied im Kontrollgremium des Chipherstellers ist. Er selbst stellte sich am Donnerstag den Aktionären mit einer eingeübten Lobesrede auf Infineon und auf sich selbst. Wucherer bat jedoch um Bedenkzeit, als er letztes Jahr gefragt wurde, ob er den für den Vorsitz des Aufsichtsrats kandidieren wolle. Aber warum dieses Zögern? Und warum jetzt diese Entschlossenheit? Wucherer selbst bezeichnete Infineon als Unternehmen mit wechselhafter Vergangenheit und mit unsicherer Zukunft. “Es war mir eine Herzensangelegenheit. Es liegt noch intensive Arbeit vor uns und wir müssen noch viel Geld verdienen”, sagte er. Er sei der richtige Kandidat, da er über ausreichend Technologiewissen, Restrukturierungserfahrungen verfüge und sich auf dem asiatischen Markt besonders gut auskenne. Ein Vorteil, denn China macht bei den Umsätzen des Chipherstellers rund 50 Prozent aus. Das sind alles gute Argumente für Wucherer. Doch er will nur ein Jahr sein Amt ausüben und dann für einen würdigen Nachfolger Platz machen.
Sehr selbstsicher stellte er sich bei seiner Entscheidung zu kandidieren die Frage “Was nutzt Infineon am meisten?”. Zum Schluss seiner Rede fügte er noch hinzu “Ich hab genug Führungsstärke. Bitte geben Sie mir Ihre Stimme!”
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