“Die Spam-Rate steigt weiter”
Nach Angaben der ENISA sind 95 Prozent aller E-Mails heute bereits Spam. Trotz vielfältiger politischer und technischer Gegenmaßnahmen wird die Spam-Rate noch weiter steigen, sagt Robert Rothe, Gründer und Geschäftsführer des E-Mail-Sicherheitsspezialisten eleven.
silicon.de: In den vergangenen Jahren gab es auf politischer Ebene Bemühungen, Spam einzudämmen, in den USA etwa mit dem CAN-SPAM Act of 2003. Der scheint nicht viel gebracht zu haben?
Rothe: Der Erfolg solcher Maßnahmen ist in der Tat äußerst beschränkt. Die wenigen spektakulären Verurteilungen unter dem CAN-SPAM Act hatten keinerlei Auswirkungen auf das Spam-Wachstum. Spam ist ein globales Problem. Kaum eine Spam-Kampagne wird im gleichen Land initiiert, versandt und empfangen. In der überwältigenden Mehrheit der Fälle sind nationalen Behörden die Hände gebunden, da sich die Spam-Urheber im Ausland befinden. Nationale Gesetzgebung stößt da sehr schnell an ihre Grenzen.
Robert Rothe
Foto: eleven
silicon.de: Botnetze wie das mittlerweile abgeschaltete McColo-Netz wurden von den USA aus betrieben. Brauchen die USA ein neues Anti-Spam-Gesetz?
Rothe: Nein, denn Gesetze bringen bei der Spam-Bekämpfung sehr wenig. Vielmehr sind effektive Abwehrmaßnahmen gefordert. So sind Versuche verschiedener Forscher-Teams zu begrüßen, in Botnets einzudringen und ihre Kontrollstrukturen von innen heraus lahmzulegen. Vor allem aber muss der Schutz vor Infektion mit Trojanern verstärkt werden, wobei insbesondere die Internet Service Provider und E-Mail-Service-Provider gefragt sind. Effektiverer Virenschutz, gekoppelt mit der Prüfung des ausgehenden E-Mail-Verkehrs, gehören zu den Grundanforderungen wirksamer Schutzmaßnahmen.
silicon.de: International wird das Thema Spam im 2006 gegründeten Internet Governance Forum diskutiert, von dem jedoch wenig zu hören ist.
Rothe: Einrichtungen wie das Internet Governance Forum können sicher einen Beitrag leisten, Rahmenbedingungen und gesetzliche Regelungen in den verschiedenen Ländern stärker zu harmonisieren. Die größte Bedeutung liegt jedoch darin, das Thema stärker in das Bewusstsein von Regierungen, Internet Service Providern, Unternehmen, vor allem aber der breiten Öffentlichkeit zu bringen. Eine direkte Rolle bei der Spam-Bekämpfung können sie dagegen kaum spielen.