“Hallo, Millionär”: Vor 10 Jahren platzte die Dotcom-Blase
Am 10. März 2000 erreichte die Hysterie, die durch die Bank Analysten, Journalisten, Anleger und Investoren ergriffen hatte, einen einmaligen Höhepunkt. Erst einen Monat zuvor durchbrach die Nasdaq die Marke von 4000 Punkten. Alle waren davon überzeugt, es kann nur eine Richtung geben: Aufwärts.
Wer das Wort Internet richtig buchstabieren konnte und etwas schauspielerisches Talent hatte, konnte auch noch für das abwegigste Projekt Geldgeber gewinnen.
Gefährlich wurde es nur, wenn man einen zu geringen Cashburn vorweisen konnte. Zu Deutsch, das Risikokapital musste schnell wieder in Umlauf gebracht werden. Denn wer nichts ausgibt, bringt auch kein vernünftiges Dotcom zustande. Das wurde damals als Management-Weisheit gehandelt.
Und so wurden sogar Einkäufer, die bei Lieferanten nach zähen Verhandlungen zu hohe Rabatte herausholten, von ihren Chefs gemaßregelt: “Wir müssen mehr Geld ausgeben!” Die gleichen Chefs begrüßten sich am stetig klingelndem Handy mit: “Hallo, Millionär.”
Internetportale, auf die vielleicht 200 Nutzer im Monat zugriffen, residierten daher zwischen Designermöbeln in den teuersten Vierteln von London, München und New York.
Selbst Alan Greenspan, der vielen als so etwas wie der Albert Einstein der Finanzmärkte gilt, erklärte 1999: “Leute in den ersten Reihen dieser Unternehmen wie Jack Welch von GE oder Lou Gerstner von IBM, sagen, dass es eine echte Revolution ist”. Von Spekulationsblase keine Spur. “Sie haben so etwas noch nie gesehen.”
Wenige Wochen vor dem 10. März 2000 gab sich Greenspan ratlos-optimistisch: “Wir wissen wirklich nicht, wie dieses System funktioniert, es ist tatsächlich neu. Die alten Modelle lassen sich schlicht nicht anwenden.” Wie gesagt, die Hysterie ging durch alle Schichten hindurch, und die Verblendung hatte wohl auch den besonnen Greenspan erfasst.
Aus Euphorie wurde Resignation. Aus dem großspurigen “Hallo, Millionär” wurde am Telefon, nur noch darüber debattiert, dass wenn bei einer GmbH das Konto leer ist, eben nichts mehr zu holen ist. Dann telefonierte der Dotcom-Chef überhaupt nicht mehr und glänzte ansonsten bestenfalls mit Abwesenheit. Wenn man sich als Werkstudent telefonisch bei der Sekretärin nach dem Verbleib des Arbeitszeugnises erkundigen wollte, bekam man zu hören: “Du, ist grad schlecht, der Gerichtsvollzieher trägt gerade meinen Schreibtisch nach unten.”
Gut oder schlecht, die Dotcom-Euphorie ist genauso für immer vorbei wie der Summer of Love und für die Unternehmen, die damals mit guten Ideen an den Start gingen, ist es heute zu spät.