Deutsche Politik auf dem Rückweg in die proprietäre Vergangenheit
In der Hektik und dem Trubel rund um die CeBIT hat sich bisher unbemerkt etwas ereignet, das die hier schon beschriebenen Befürchtungen nährt, Open Source sei in Bund und Ländern auf dem Abstellgleis.
Dieser letzte Satz widerruft eine IT-Politik der öffentlichen Verwaltung, die sich in den letzten Jahren zunehmend auf offene, herstellerunabhängige Standards ausgerichtet hatte. Vielleicht kommt es nicht ganz so schlimm, wie es skeptische Beobachter der IT-Politik unter schwarz-gelben Vorzeichen befürchten. Denn der Paragraf 3 schreibt im letzten Absatz vor, dass der IT-Planungsrat eine unabhängige Einrichtung mit der Prüfung der vorgesehenen Standards beauftragt. “Die Einrichtung kann in ihre Prüfung weitere Personen und Einrichtungen, insbesondere Fachleute aus Wirtschaft und Wissenschaft, einbeziehen.” Allerdings könnte das auch Lobbyisten die Türen öffnen.
Insgesamt nährt besonders die Orientierung auf “Marktstandards” Befürchtungen, aktuelle Tendenzen in der Berliner IT-Politik könnten das Aus für Open Source beim Bund bedeuten. Der Bund, insbesondere das Innenministerium, treibt eine Konsolidierung der bisher den einzelnen Ämtern zugeordneten IT in wenigen Rechenzentren voran. Diese, so Skeptiker, hätten dann eine Größe und Supportanforderungen, die von vornherein Branchengrößen in eine günstigere Bieterposition brächten als die deutlich kleineren Open-Source-Anbieter.
Besonders Microsoft könnte – zumal die ihm freundlichen Beratungsfirmen Ploenzke und BearingPoint das Konsolidierungsprojekt begleiten – in den letzten Jahren verlorenes Terrain auf Kosten von Open Source zurückerobern. Angesichts der deutlichen Kostenunterschiede zwischen proprietären und quelloffenen Lösungen wäre fraglich, ob der Bund das Konsolidierungsziel einer Reduzierung seiner IT-Ausgaben überhaupt erreicht. Nach dem ersten kritischen Bericht über das Konsolidierungsszenario auf silicon.de haben sich Leser in Kommentaren vor allem darüber beklagt, dass sich der Bund wieder in Herstellerabhängigkeit begibt und nicht die deutsche Softwarebranche stärkt. Vor allem aber richtete sich die Kritik dahin, es werde “auf Dauer viel Geld verpulvert”.
Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in München.