“Es besteht inzwischen eine hohe Kennzahlen-Gläubigkeit, obwohl den Entscheidern vielfach nicht ausreichend bekannt ist, wie die Kennzahlen entstanden sind und welche Aussagekraft sie haben”, so Vizethum. “Dadurch suggeriert man eine sichere Grundlage für Entscheidungen, tatsächlich bergen mangelhafte Kennzahlensysteme hohe Entscheidungsrisiken in sich.” Vizethum hat Indizien zusammengestellt, anhand derer sich typische Schwächen der bestehenden Kennzahlensysteme seiner Meinung nach erkennen lassen:
Die Interpretation der Kennzahlen wird subjektiven Einschätzungen überlassen: Obwohl auf Basis von Kennzahlen Unternehmensentscheidungen von weitreichender Bedeutung getroffen werden, fehlt für eine möglichst sachgerechte Bewertung häufig ein klarer und ganzheitlicher Orientierungsrahmen mit übergreifenden und werteschaffenden Unternehmenszielen, die am Geschäftsmodell ausgerichtet sind. Als Folge bleibt die Interpretation der Kennzahlen dem sehr spezifischen Verständnis sowie der Sichtweise einzelner Personen oder Gruppen (Teams/Abteilungen) überlassen. Dadurch werden Entscheidungen möglicherweise von sehr subjektiven Sichtweisen statt gesamtheitlichen Interessen geprägt.
Es besteht Unklarheit, wie eine Kennzahl entstanden ist: Die Analyse von Sachverhalten im Business – etwa die Ermittlung einer bestimmten Stornoquote für ein Produkt – hilft nur begrenzt für Entscheidungen. Denn die Frage, warum es zu diesem Sachverhalt (zum Beispiel der betreffenden Stornoquote) gekommen ist, lässt sich allein aus einer Kennzahl heraus nicht beantworten. Das Wissen um die Herkunft einer Kennzahl ist jedoch eminent wichtig, weil nur anhand einer Ursachenbetrachtung, die notwendigen Maßnahmen zur Optimierung eingeleitet werden können.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich eine Kennzahl verändert hat: Die kontinuierliche Veränderung von Kundenverhalten und Wettbewerbsbedingungen drückt sich auch in der positiven oder negativen Entwicklung der Kennzahlen aus. Um jedoch daraus die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen zu können, müssen die Einflussfaktoren für die Veränderungen verstanden werden können. Ist diese Transparenz nur unzureichend gegeben, stellt dies ein ganz wesentliches Indiz für Schwächen im Kennzahlenkonzept dar und verweist ebenfalls auf den Mangel an substanziellem Wissen über die Herkunft der Kennzahlen.
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