Offene Formate oder Marktstandards?
“rOGG on!” – Berlin ist eine Microsoft-Festung, die nur zu gerne von Bundesländern mit Open-Source-Keulen gestürmt würde.
Inzwischen scheinen die im IT-Planungsrat mächtigen Länder bemerkt zu haben, dass da etwas gewaltig schief laufen könnte. So offenbar die Bundesländer Sachsen und Berlin. Der sächsische Landtag hat bereits im Januar einen Beschluss zugunsten offener Standards gefasst. Ende März hat auch das Berliner Abgeordnetenhaus einstimmig einen von den Grünen eingebrachten Antrag (PDF zum Download) zur Umsetzung des IT-Staatsvertrags angenommen.
Die Abgeordneten legen den Senat der Bundeshauptstadt darauf fest, was sein Vertreter im IT-Planungsrat zu verfolgen hat: Demnach dürfe eine “vorrangige Verwendung bestehender Marktstandards” nicht die “marktbeherrschende Position von Anbietern dieser technischen Standards” stärken. Auf diesen Punkt legen die Berliner Abgeordneten wert, indem sie wiederholen, dass die Politik “einer marktbeherrschenden Stellung” einzelner IT-Anbieter “keinen Vorschub” leisten dürfe. Vielmehr seien “vorrangig offene Standard einzusetzen”.
Die Berliner Abgeordneten haben dem IT-Planungsrat ein Signal gegeben: An offenen Standards und an Open Source kommt ihr eh nicht mehr vorbei. Open Source ist längst so eine unverzichtbare Realität in der IT der öffentlichen Verwaltung geworden, dass sich das Rad der IT-Geschichte nicht mehr zurückdrehen lässt. Beim Bund scheint man nur noch nicht begriffen zu haben, dass man an dem Rad auch vorwärts drehen könnte. Um beispielsweise nicht mehr Steuergelder in Form von Lizenzkosten für die Ableger US-amerikanischer Großkonzerne ins Ausland zu befördern.
Das ist jetzt keine weitere der beliebten Forderungen nach Alimentierung. Die Open-Source-Anbieter sind ohnehin der vitalste und am schnellsten wachsende Teil der deutschen Software-Industrie. Sie dürften sich dem Preis- und gerade auch dem Leistungs-Vergleich mit Vergnügen stellen. Mehr als eine faire Chance im Wettbewerb erwarten sie gar nicht. “Marktstandards” aber sind das Gegenteil.
“silicons sillycom” besteht aus den bekannten IT-Journalisten Kriemhilde Klippstätter, Hermann Gfaller, Ludger Schmitz und Bernd Seidel. Jeweils freitags lassen sie die vergangene Woche Revue passieren oder kümmern sich um die ganz grundlegenden Dinge der IT.