Revolution in der Stromversorgung
Derzeit befindet sich die Stromerzeugung und -versorgung in Deutschland und Europa im Umbruch. Die Expansion der neuen Energien erfordert von der Stromwirtschaft massive Investitionen in den Netzumbau. Ein Artikel von Thu-Lan Nguyen und Dr. Josef Auer, Analyst bei Deutsche Bank Research.
Vielleicht der wichtigste, auf jeden Fall aber der auffälligste Treiber für den Aus- und Umbau unserer Stromnetze ist die stärkere Nutzung der erneuerbaren Energiequellen wie die Wind-, Solar- und moderne Bioenergie. Seit mindestens 20 Jahren werden die neuen Energien in Deutschland gefördert. Der eigentliche Motor für die starke Expansion des Ökostroms, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), feierte in diesem Februar aber erst sein zehnjähriges Jubiläum.
In diesen zehn Jahren stieg der Ökoanteil am inländischen Stromverbrauch von sechs Prozent im Jahre 2000 auf beachtliche 16 Prozent im letzten Jahr; dabei ist der gesamte Strommarkt in dieser Dekade sogar noch leicht gewachsen. Spielte früher nur Wasserkraft eine Rolle, so führt heute die Windenergie vor der Biomasse; die Wasserkraft, die auf Platz drei liegt, trägt heute nur noch das Dreifache der Photovoltaik bei.
Der Ökostrom-Boom hat nicht zuletzt auch dazu geführt, dass die Gesamtinvestitionen der Stromwirtschaft (also Erzeugung und Netze) im Jahr 2009 gut neun Milliarden Euro erreichten und sich damit seit 2000 verdreifacht haben. Zudem liegen die Investitionen bereits um 29 Prozent höher als 1995, dem Hoch des letzten Investitionszyklus. Knapp ein Drittel des genannten Investitionsvolumens floss in die modernisierungsbedürftigen Stromnetze. Im Hinblick auf die Prognose des BDEW sollte sich dieser Wert in den nächsten zehn Jahren erhöhen.
Für den zukünftig wachsenden Investitionsbedarf spielen politische und technische Faktoren eine Rolle: So beabsichtigt Deutschland den Ökostromanteil bis 2020 auf 30 Prozent zu steigern. Umweltminister Röttgen hat jüngst sogar vorgeschlagen, bis 2050 die Stromerzeugung fast vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen. Freilich werden die damit einhergehenden, höheren Anforderungen an die Netze erhebliche Investitionen nötig machen.
Es bleiben große technische Herausforderungen; erstens, die Integration von Offshore-Windanlagen in das Versorgungsnetz. Die in der Nord- und Ostsee entstehenden Windparks benötigen den Ausbau des derzeitigen Hochspannungsnetzes, damit sie kommerziell betrieben werden können. Der BDEW schätzt, dass die Leitungen bis 2015 um zusätzliche 1000 km erweitert werden müssen, um den Transport des Windstroms von der deutschen Küste zu den Abnehmermärkten im Landesinnern zu ermöglichen.