NRW: “Online-Wahlkampf nicht entscheidend”
Am 9. Mai wählen 13,5 Millionen Wahlberechtigte den neuen Landtag in Nordrhein-Westfalen (NRW). Trotz aller Web-2.0-Aktivitäten: Der Online-Wahlkampf wird den geringsten Beitrag dazu leisten, den künftigen Regierungschef von NRW zu küren.
Zu diesem Schluss kommt Professor Dr. Thorsten Quandt vom Lehrstuhl für interaktive Medien- und Online-Kommunikation der Universität Hohenheim nach einer Analyse des Online-Wahlkampfes der vergangenen Bundestagswahl. Demnach ist die Bedeutung des Internets für die Meinungsbildung im Wahlkampf nach wie vor gering. Fernsehen und Zeitungen bleiben die wichtigste Informationsquelle der Wähler. Für Wahlkampfstrategen fallen Quandts Ergebnisse eher ernüchternd aus:
- Trotz hoher Internetabdeckung informiert sich nur ein Drittel der Bevölkerung online über den Wahlkampf.
- Als Hauptinformationsquelle nennen die Wähler das Fernsehen (52 Prozent) und die Zeitung (22 Prozent). Das Internet folgt erst an dritter Stelle mit 13 Prozent, jedoch vor dem Radio (11 Prozent).
- Wichtigste Informationsquelle im Netz sind Nachrichten auf Portalseiten, gefolgt vom Internet-Angebot der Massenmedien. Foren, Blogs und Soziale Netzwerke folgen erst an letzter Stelle.
- Anders ist es in den USA: Dort nutzen zwei Drittel das Netz, um sich im Wahlkampf auf dem Laufenden zu halten. Soziale Netzwerke werden dreimal so intensiv zur Meinungsbildung vor der Wahl genutzt wie hierzulande.
- Foren, Blogs und Soziale Netzwerken sind in Deutschland zwar Schlusslicht, wahlkampfstrategisch jedoch noch der beste Weg, politisch desinteressierte Online-User zu erreichen.
- Da sich die meisten User in Foren, Blogs und Sozialen Netzwerken passiv verhalten, kann eine vergleichsweise kleine Gruppe hier sehr leicht die Meinungsführerschaft an sich ziehen.
- Die vergleichsweise hohe Zahl junger Online-User lässt vermuten, dass die Bedeutungssteigerung des Internets noch bevorsteht.
Eine Unterscheidung nach dem Alter lässt laut Quandt jedoch erwarten, dass das Wahlkampfmedium Internet an Bedeutung gewinnt: Innerhalb der Altersklasse der 18- bis 29-Jährigen stellte das Internet für 29 Prozent das wichtigste Medium zum Wahlkampf dar – geschlagen allein vom Fernsehen (49 Prozent), aber deutlich vor der Zeitung (19 Prozent). Für alle anderen Altersgruppen liegen Fernsehen und Zeitung derzeit vor dem Netz.