Bitkom wird auf Abmahn-Wahnsinn im Web aufmerksam
Das Abmahnunwesen im Internet hat silicon.de bereits des Öfteren beschäftigt. Wir haben dazu in Zusammenarbeit mit der Kanzlei Dr. Bahr aus Hamburg mittlerweile Dutzende Urteile publiziert. Nun ist auch der Branchenverband Bitkom auf das Problem aufmerksam geworden.
Der Hightech-Verband fordert, das geltende Abmahn-Recht im Internet zu überprüfen. Bei einer Umfrage des Online-Marktplatzes Ebay hätten vor kurzem sechs von zehn Händlern angegeben, dass sie in den vergangenen drei Jahren abgemahnt wurden.
“Dem Missbrauch von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen muss Einhalt geboten werden”, sagte Verbandspräsident Scheer in Berlin. Er sprach aus, was längst offenkundig ist: Angebote von Online-Händlern würden gezielt von Anwälten und Konkurrenten nach formalen Fehlern durchsucht, um Anbieter in Bedrängnis zu bringen. “Viele Online-Händler können die unüberschaubaren Informationspflichten für Verbraucher auch bei gutem Willen kaum einhalten”, kritisiert Scheer.
August-Wilhelm Scheer
Foto: IDS Scheer
Die angebliche Verletzung solcher Pflichten ist der Hauptgrund für Abmahnungen. Scheer präsentierte einen konstruktiven Vorschlag, wie man dem Unwesen Einhalt gebieten könnte: “Die Anwaltsgebühren für eine erste Abmahnung sollten gedeckelt werden, um missbräuchliche Abmahnungen unattraktiver zu machen”, forderte er. So lasse sich verhindern, dass Anwälte systematisch abkassieren und sich Anbieter untereinander immer stärker mit juristischen Mitteln bekämpfen.
Häufig würden Fehler bei der Widerrufsbelehrung gemacht. Sie besagt, innerhalb welcher Zeit ein Online-Kunde die Ware zurückgeben darf. Der Bitkom empfiehlt Anbietern, ein vom Bundesjustizministerium herausgegebenes Muster für die Widerrufserklärung zu nutzen. Mit der aktuellen Fassung vom 4. August 2009 können sich Shop-Betreiber wirksam vor Abmahnungen schützen.
Am 11. Juni trete zudem eine nochmals aktualisierte Fassung der Widerrufsbelehrung in Kraft. Inhaltlich ändere sich dabei nicht viel. Der Mustertext werde in das “Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch” (EGBGB) verlagert und erlangt damit Gesetzesrang.
Dem Bitkom brennt das Thema unter den Nägeln, weil alleine in diesem Jahr laut einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums in Deutschland 816 Milliarden Euro mit E-Commerce umgesetzt werden. Scheer erklärte, man arbeite gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium an einer Lösung des Problems.