Missionarischer Eifer ist ein Krebsgeschwür. Es zerfrisst die Hirne der Befallenen und verhindert, dass sie sich ihrem Glauben anders als durch strenge Exerzitien nähern. Exerzitien wie beispielsweise Dschihad gegen alle Andersgläubigen inklusive frecher Kommentatoren.

Andersdenkende müssen mit Schaum vor dem Mund bekämpft werden, selbst solche, die Gott nur vermeintlich gelästert haben. Durch Humor beispielsweise. Darauf ein dreifaches “Jehova”! Ironische Selbstbetrachtungen sind in solchen Fällen komplett ausgeschlossen! Aus gutem Grund findet man daher kaum Monty Python-Fans unter den Fanatikern. “Tod allen Feinden des eigenen Glaubens! Tod und Verderben!” lautet die Losung der Stunde.

Klingt (aber)witzig? Ist aber jeden Tag aufs Neue anzutreffen. Nicht im Grenzgebiet zu Pakistan, sondern gleich um die Ecke in Ihrem Internet. Und das weltweit! Die Gotteskrieger leben und sterben für einen Apple und ein Ei, einen niedlichen Pinguin, und früher sogar für ein Fenster. Sinnbefreit, aber mit ganzem Herzen. Glauben Sie mir, ich muss es wissen.

Es ist schon eine Weile her, 2004 oder ’05 wird’s gewesen sein, da hat sich der renommierte Münchner Journalist Hermann Gfaller auf ZDNet.de erlaubt, eine gerechtfertigte Kritik ob des Glaubensbekenntnisses von Linux-Nutzern abzuliefern. Möglicherweise, so argumentierte er differenziert und logisch nachvollziehbar, ist Quelloffenheit ja schlecht fürs Geschäft von Softwareanbietern. Und damit für die gesamte IT-Branche, von und in der viele von uns leben. An diesem Tag konnte die Redaktion von ZDNet nicht mehr telefonieren. Fanatische Open-Source-Verfechter hatten die Telefonanlage zum Absturz gebracht.

Angestachelt durch seinen Erfolg schob Herr Gfaller noch ein paar ähnlich lautende Beiträge nach. Es war wie beim Hund von Pawlow. Klingeln > Sabbern.

Dabei funktionierte das auch wunderbar bei den Gegnern von Freier Software. Wehe man schrieb in den 90er Jahren was Kritisches gegen das jeweils neue Windows. Jaha, hieß es dann umgehend, da sehe man es wieder, die linken Fuzzis können nichts anderes, als gegen die gute Microsoft-Software zu stänkern. Das hörte man, wenn man das Wort “Linux” in einem Artikel auch nur flüsternd, quasi schneeflockenleise erwähnte, am laufenden Kommentar-Band. Eigentlich schade, dass die Winzigweichen mittlerweile so cool geworden sind. Da kann man gegen Steve Ballmer und Konsorten lästern wie man will: Regt keinen mehr auf. Das wurden früher noch ganz andere Sites aufgezogen! Wo sind die schäumenden Verfechter des De-Facto-Standards? Die systemkonformen Mainstream-Mitläufer? Die Jünger des Redmondschen Erfolges auf ganzer Linie? Kommt wieder spielen! Die iFans warten!

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Silicon-Redaktion

View Comments

  • @Herr Müller
    warum gleich erschießen ? Das wäre doch viel zu human ... ;)
    Ich sage mal jedem das Seine ! Wenn man mit Windose glücklich ist, was will man mehr ! Ich bleibe beim Apfelmus !!! ;)

  • Thumbs up
    Sehr schön verfasst :-)
    (Ich persönliche halte es übrigens heterogen - Windows für zocken, Mac für Bildbearbeitung und Linux... äh... naja SO heterogen sind wir jetzt auch wieder nicht...)

  • Komiker..
    "Der Autor ist promivierter Medienwissenschaftler "

    Den Witz versteh' ich nicht, sorry.

  • Ja leck mich doch am Arsch!
    Seit wann findet sich auf silicon.de ein lesenswerter Artikel? Das sindja ganz neue Sites.... sorry, wollte auch mal witzig sein.

  • Hahahaha
    Das ist zu köstlich, Danke Herr Dr. Müller! Sie sprechen vielen von uns aus der Seele! Kollegialer Gruß aus Hamburg - Jürgen Trostdorf-Zellich

  • Tod allen Ungläubigen
    Ich bin ein fanatischer Verfechter freier Software und auf Basis des neuen Ubuntu habe ich ein angepasstes System herausgebracht, dass euch überzeugen wird! http://www.OwnOS.de

  • Apfelmus ist noch zu grob - Noch ein bißchen mehr drücken, bitte
    Das Apfelmus ist ein Phänomen, wirklich. In der Zeit, als alle vor Micro$oft angsteten (anstatt vor dem Satz "Die Welt ist eine Google") war Apfelmus politisch korrekt. Nun versucht aber Apfelmus mindestens so böse zu sein, wie Steve Ballmer-Gates. Zensur der Applikationen im AppStore, harsche update-Politik, vorletzte Garantiebedingungen, Umrechnung USD in EUR grundsätzlich 1:1 zum Wohle Europ. Kunden etc... Ich bin irgendwie ganz fein mit mir und meinem bootmanager ;-)

  • Killer-Kommando
    Was aus dem Artikel hervorgeht ist das Ausscheiden Herrn Killers aus dem silicon-Team. Wie beduerlich sein Ausscheiden ist, entnehme man dem Niveauverfall des Wochenrückblicks seither: humanistische Bildung in einer IT-Kolumne gehört der Vergangenheit an.
    Was aber nicht geschrieben wurde, war, dass der neue Chefredakteur Herrn Killer um eine "Überarbeitung" seines Artikel gebeten hatte, da man "das doch nicht so schreiben könne", denn das journalistische "Hinhauen" auf politische Gruppierungen ginge in einer IT-Publikation nicht, und offenbar dem neuen "colorierten" Chefredakteur gegen den Strich.
    Möge sich der geneigte Leser nun also sein eigenes Bild über die Geschehnisse machen.
    MIt herzlichem Gruß aus Wien,
    W

  • Schenkelklopfer
    Der Beitrag von gestern war schon gut, aber der heute - ein echter Schenkelklopfer. Da fühlt man sich direkt an Achim Killer erinnert, dessen Abwesenheit ich auch sehr bedauert habe. Aber nun gut. Auch ich halte es mit dem Spruch "Jedem das Seine" und wenn jemand der Meinung ist i-Phone und i-Pad und i-WasWeißIch ist nötig, bitte sehr. Für jede Aufgabe das passende System und das passende Tool. Wenn wir mit einer Mono-Kultur auskämen hätten wir sie. ;-)

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