Harry Treter und der Halbblutprinz
Es ist Zeit, Abschied zu nehmen. sillycom vorbei, WM-Träume angebrutzelt, dreistufige Client-Server-Technik überkommen. Wenn morgen auch noch das mit dem Triple von Bayern nix wird, garantier ich für nix mehr!
Der größte Abschied der Woche war nämlich nicht Griechenland, nicht der Euro, nein, klar: der von Ballack aus dem WM-Kader. Unser aller Cheffe fällt aus! Ganz Deutschland, okay: der ernstzunehmende Teil Deutschlands, diskutiert darüber, mit welchen Blutgrätschen genau man sich am besten im dritten Spiel der WM in Südafrika an Kevin-Prince Boateng, dem Schmuddelkind aus Berlin-Wedding – auch kurz Arschloch genannt -, rächt. Da soll man auch noch ein Hirn für IT haben. Als ob es nix wichtigeres gäbe. Die Sehnen und Kapseln unseres Capitano etwa. Und die vom Arschloch.
Was ist das überhaupt für ein bescheuerter Name? Kevin-Prince. Waren seine Eltern Ossis mit Hang zu Königshäusern oder wie? Haben rübergemacht, oder was? Okay, der Name Kevin kommt öfter in der Pfalz als in Sachsen vor, aber hätten Sie über “Pfälzer mit Hang” gelacht? Ist auch egal, denn am besten wäre er alleine zuhause geblieben. Aber nun spielt er gegen uns – ohne Ballack. Der Typ hat auch schon mal unsere Bundes-Susi, ‘tschuldigung: Miroslav Klose, gefoult, wofür er gerechtfertigter weise Tadel vom Kaiser erhielt. Tritte wären besser gewesen.
Warum darf so einer eigentlich noch frei rumlaufen? Noch dazu im Spiel gegen uns? Und sein Bruder soll bei uns mitmachen? Ist das die Neuverfilmung von Harry Treter und der Halbblutprinz oder was? Halbbrutprinz trifft’s ja wahrscheinlich eher. Gut dass ich am Tag nach dem Bekanntwerden von Ballacks Aus nach Amsterdam fahren durfte, um mein Hirn zu teilen… Jogi hat ja auch gesagt, wir von der Presse sollen nicht zu viel schimpfen. Mach ich das hald als Privatmann. Hat Jogi eigentlich ein Toupet? Ich hab noch nie seine Kopfhaut gesehen. Aber das dachte ich anfangs auch bei van Gaal, aber nach den jüngsten Bierduschen war klar: München, 10 Grad, die Frisur hält.
Überhaupt, die Boateng-Geschichte ist ja viel größer, das geht über das Arschloch weit hinaus. Es ist ein – nicht ganz unfrei nach C.G. Jung – Archetypus, eine Urfigur des Unbewussten. Nichts weniger als Balders Tot gilt es für uns zu betrauern (> nordische Mythologie). Wie hieß eigentlich der Mörder vom allseits beliebten Asen Balder? Googlegooglegoogle… ah ja: Balders blinder Bruder Hödur! Verdammt! Schon wieder der Blutprinz! Das nimmt epische Ausmaße an. Und wie geht’s aus? Ich darf Wikipedia zitieren: “Mit der Lichtgestalt Balder verschwinden Glück und Schönheit aus der Welt und lässt die ‘Götterdämmerung’ bzw. Ragnarök damit näher rücken.” Wenn das mal keine Aussichten für die WM in Südafrika sind…
Den Hödur haben sie, glaub ich, zerstückelt. Das passiert ja grade mit dem kleinen Kevin, ich bin ja auch fleißig am Hacken. Aus der Kiste kommt er nur raus, wenn er einen neuen Archetypus bedienen würde, den des reuigen Sünders vorzugsweise. Dann könnte er wie Phönix aus der Asche wieder aufsteigen. Wir Medienleute – und unser Publikum – dürsten nach solchen Geschichten. Aber ganz ehrlich: Dafür ist er wahrscheinlich zu doof.
Ja, wir dürsten wirklich nach diesen Archetypen. Am beliebtesten ist die Geschichte von den armen, unschuldigen Rebellen, die gegen das böse Imperium aufstehen. Avatar, Star Wars, Robin Hood… daran können wir uns nicht sattsehen. Auch nicht in der IT. Luke Torvalds gegen Darth Gates… “Ich bin dein Vater, Luke!” Seit wir wissen, dass Teile des Windows-Code auch in Linux zu finden sind, hat dieser Satz eine ganz neue Bedeutung. Aber will man wirklich Bill Gates zum Vater? Den stell ich mit immer ein wenig pupsig vor in seinem von einer Krankenschwester geführten vollverdrahteten Eigenheim. Dann lieber Steve Ballmer, mit dem könnte man wenigstens ein nettes Rugby-Spiel durchziehen. So richtig urig…