Politiker und Open Source: Tölpel oder Lobby-Opfer?
Der vom bürgerlichen Lager in der Politik propagierte Retrotrend weg von offenen Standards und Open Source hin zu “Marktstandards” und proprietärer Software in der öffentlichen Verwaltung hat viele Ansatzpunkte. Eine Analyse.
Eine ähnliche vergleichende Berechnung taucht in der Antwort der Landesregierung nicht auf – auch weil die Anfrage der Grünen diesen Aspekt leider ausgelassen hat. Prompt ist es nicht verwunderlich, dass die CDU-FDP-Regierung Sachsens nicht einmal andeutungsweise Alternativen in Betracht zieht. In Punkt 21 gefragt, ob es Machbarkeitsstudien hinsichtlich des Einsatzes von Open Source gäbe, lautet die Antwort: “Konkrete Studien sind derzeit nicht in Planung. Weitere Machbarkeitsstudien sind sinnvoll, wenn im Rahmen der künftigen IT-Strategie der Staatsverwaltung entsprechende Ziele definiert werden.”
Dass Open Source unter künftigen Zielen offenbar gar nicht erst in Betracht kommt, zeigt die übernächste Antwort der Regierung: “Sowohl in den Ministerien als auch in den nachgeordneten Bereichen gibt es keine eigenen Arbeitshilfen zur Umstellung auf FLOSS, da eine grundlegende Umstellung der Systemlandschaft nicht geplant ist.”
In der nächsten Antwort präzisiert die Landesregierung, es gebe “keine Pläne zur generellen Umstellung auf FLOSS”. Eine generelle Umstellung hatte die 24. Frage der Grünen aber gar nicht genannt. Die Regierungsantwort weiter: “Dort, wo es sinnvoll ist, insbesondere im Infrastruktur-Serverbereich, wird FLOSS bereits eingesetzt. (…) Nur wenn die künftige IT-Strategie des Freistaats Homogenisierung und Herstellerunabhängigkeit als strategische Ziele höher gewichten und bewerten sollte als die damit verursachten direkten Kosten, würde eine solche flächendeckende Umstellung auf FLOSS in Angriff genommen werden.”
Der Kostenfrage aber weicht die CDU-FDP-Regierung konsequent aus. Dies zeigt sich auch in den Antworten auf zwei Fragen (12 und 13) zum Sicherheitsrisiko durch den überwiegenden Einsatz der Software eines Herstellers. Für die Regierung ist dieser Umstand “nicht zwingend mit einem stark erhöhten Sicherheitsrisiko verbunden”. Und sie setzt noch eins drauf: “Im Fall der im sächsischen Verwaltungsnetz weit verbreiteten Microsoft-Produkte gibt es klare Sicherheitsvorteile”.
Die Gründe: Das Personal sei in Sicherheitsfragen routinierter, einheitliche Systeme erlitten weniger Schäden. Wunderlichste Argumentation: “Für die genutzte Microsoft-Produktkette stehen mehr und breiter erprobte Sicherheitssoftwaresysteme zur Auswahl als bei FLOSS-Produkten. Durch die höhere Auswahl gibt es mehr Konkurrenz- und Kostendruck unter den Anbietern, was zu einer höheren Qualität bei geringeren Kosten führt.”