Politiker und Open Source: Tölpel oder Lobby-Opfer?

Der vom bürgerlichen Lager in der Politik propagierte Retrotrend weg von offenen Standards und Open Source hin zu “Marktstandards” und proprietärer Software in der öffentlichen Verwaltung hat viele Ansatzpunkte. Eine Analyse.

Dass die sächsische Landesregierung und Vertreter ihrer Parteien die geschilderten Positionen vertreten, gibt zu denken. Offenbar ist nicht viel von dem, was nicht nur bei Open-Source-Befürwortern, sondern auch bei Beobachtern dieser IT-Entwicklung längst Selbstverständlichkeit ist, in der Politik nicht angekommen. Die Vermutung liegt nahe, dass Politiker Opfer sind. Sie erliegen den Einflüsterungen der Lobby proprietärer Anbieter.

“Was sollen Konjunkturprogramme, wenn sie nicht der regionalen Wirtschaftsförderung dienen?” fragt Elmar Geese, Vorsitzender des LIVE Linux-Verbands. “Es geht nicht um eine Förderung von Open Source, sondern um eine vernünftige und erwägenswerte IT-Strategie. Entscheidend sind die Vorteile für den Beschaffer, gesamtwirtschaftliche Impulse und die Regionalität der Erlöse. Der Ist-Zustand, dass weite Teile der IT-Budgets durch Lizenzverpflichtungen gebunden sind, lässt immer weniger Handlungsspielraum zu. Zu welchen Anteilen soll Geld – und damit auch Kapital für Investitionen in Wissen – verteilt werden auf die Region, das Land, die Nation, Europa den Rest der Welt?”

In Deutschland gibt es gleich drei Branchenverbände für Open Source: den Linux-Verband (LIVE), die Linux Solutions Group (LiSoG) und die Open Source Business Foundation (OSBF). Ihre Wirkung ist, wie das Beispiel Sachsen zeigt, nichts gegen die Kraft der proprietären Anbieter und ihrer Lobbyisten. Weite Teile der Open-Source-Engagierten stehen klassischer Lobby-Tätigkeit ablehnend gegenüber, weil sie “Hinterzimmerpolitik” bedeutet, also alles andere als offen ist. Es gibt in diesem Dilemma nur eine Lösung: Die Open-Source-Seite muss sich stärker in der Politik engagieren. Das Ziel bleibt unverändert mehr Offenheit, also “Open Politics”.

Der Autor Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in München.