Projektmanager: Wenn Engländer mit Amerikanern über Fußball reden

Projektmanager sind eine besondere Spezies der Unternehmensberater. Im Gespräch mit silicon.de wirbt Jens Bockemühl unter anderem für eine angemessene Erwartungshaltung durch den richtigen Kommunikationsmix, bei dem nichts beschönigt werden sollte.

silicon.de: Kein Problem, wir fühlen uns nicht auf die Füße getreten!

Bockemühl: Sehen Sie, genau das muss ein Projektmanager erkennen. Er muss wissen, wie weit er gehen darf, ohne seinen Teammitgliedern auf die Füße zu treten. Aber damit ist auch klar, dass man nicht alles mit Verknappungen regeln kann. Manchmal brauchen die Teammitglieder auch die Chance, offen über ihre Befindlichkeiten zu sprechen. Denn das Gefühl, gehört zu werden, ist einer der Faktoren, der das persönliche Erfolgsempfinden entscheidend beeinflusst.

silicon.de: Das klingt fast ein bisschen nach Selbsthilfegruppe!

Bockemühl: Ein bisschen vielleicht, aber man sitzt ja nicht nur zusammen, um Probleme zu diskutieren. Wenn Projekte scheitern, liegt das meist an mangelnden Strukturen. Dabei sollten sich Verantwortliche zunächst darüber im Klaren sein, dass Menschen sehr häufig visuelle Wesen sind. Dementsprechend sollten Projektpläne auch eine visuelle Struktur aufweisen – und zwar sowohl im Hinblick auf Teamzusammenstellungen als auch im Hinblick auf Projektziele und Prioritäten.

silicon.de: Tun Sie mal etwas “Butter bei die Fisch”!

Bockemühl: In Projekten müssen die Verantwortlichen für Dialog sorgen und zum Beispiel die Angstkeule oder auch patriarchische Strukturen tunlichst vermeiden. Zumal nicht jeder seinen Unmut darüber offen artikulieren wird und man so die Motivation leicht gegen Null führt. Dass dann mittelfristig auch die Ergebnisse leiden werden, liegt auf der Hand.

silicon.de: Na gut, wir werden den Bogen nicht weiter überspannen!

Bockemühl: Genau, darauf kommt es an. Übrigens gerade auch im Hinblick auf die Ergebnisse.

silicon.de: Was soll das heißen?

Bockemühl: Auf den Punkt gebracht: Gut ist gut genug!

silicon.de: Und was ist aus der einst so gern ins Feld geführten Extrameile geworden, die jeder gehen wollte?

Bockemühl: Die liegt auf dem Friedhof der Marketing-Sprüche, wo sie am besten auch bleibt. Oder haben Sie vielleicht schon mal einen 100-Meter-Läufer gesehen, der nach dem Sprint nochmal die 100 Meter läuft, um das Rennen mit noch größerem Abstand zu gewinnen.

silicon.de: Nein, aber beim Fußball gibt es Spieler, die mehr laufen als andere!

Bockemühl: Das ist eine Frage der Rollenverteilung. Der Torwart hat in der Regel im Tor zu bleiben und darf nicht mit nach vorne laufen, sonst gefährdet er das Projekt. Aber das Beispiel Fußball ist gut. Es unterstreicht meine These und erweitert sie: Genau wie es nämlich bei einem Fußballspiel eine Verlängerung geben kann, um den Sieger zu ermitteln, benötigen manche Projekte auch eine Zugabe nach der Übergabe, um die Ergebnisse einzuschleifen. Das muss man aber eben auch von vornherein klar machen. Denn bei der WM weiß ja auch jeder, dass es ab der KO-Runde zu einer Verlängerung mit Elfmeterschießen kommen kann. Und es gibt alle 4 Jahre eine neue WM, obwohl doch ein Gewinner schon beim letzten Mal feststand!

silicon.de: Wenn wir jetzt schon wieder beim Fußball sind: Wer wird denn jetzt Weltmeister?

Bockemühl: Die Mannschaft mit dem besten Projektplan. Nehmen Sie die letzte WM: Italien war weit davon entfernt, den schönsten Fußball zu spielen, aber sie haben ökonomisch und mit einer sehr guten Rollenverteilung gespielt. Trotzdem musste manchmal auch das Glück ein bisschen nachhelfen.

silicon.de: Herr Bockemühl, vielen Dank für das tolle Gespräch.

Checkliste für gutes Projektmanagement

Klare, operationalisierbare (messbare) Ziele für alle Betroffenen
Definierte und personifizierte Verantwortung
Strukturierung von Abläufen und Ergebnissen
Führung: Top-Down-Vorgehen
Ergebnisorientierte Planung und Steuerung
Rechtzeitiges Handeln
Herstellung eindeutiger Zustände
Überprüfen der Kommunikation: Ist Gesendetes gleich Empfangenem?