Marketingmanager von dunkler Materie aufgefressen

Wie jetzt? Keine dunkle Materie mehr? Das überschattet diese Woche aber ganz gewaltig. Gerade erst hab ich mich an die Theorie gewöhnt, die so manches Phänomen des Alltags wie der IT zu erklären vermag.

Vielleicht sind Mythen – wie eben die von der Cloud – nichts anderes als strategische Lügen der Marketingleute. Das würde bedeuten, dass die Marketingmanager tatsächlich schlaue Jungs sind und am Hebel des Zeitgeistes sitzen. Ich glaube aber vielmehr, dass gerade diese Menschen mit allen Zeitgeistwassern gewaschen sind, ihre Lügen daher kaum als solche erkennen können. Sie strudeln quasi unkontrolliert mit den Trends mit und stochern mit ihren Hebelchen wild in der Gegend herum, sind also Modeopfer per se. Schon demnächst werden sie voller Überzeugung wieder überdimensionierte Schulterpolster tragen. Oder Schlaghosen. Und dabei nicht bemerken, wie lächerlich sie damit aussehen.

Ich mein: Kann man sich dann überhaupt noch an etwas halten? Gibt es eine Sicherheit? Ich fürchte beinahe nein, mache mich damit aber der Sünde des Relativismus schuldig, die unser aller Kardinal Ratzinger schon zu mehreren Gelegenheiten gegeißelt hat. Er sieht darin gar die Diktatur des Zeitgeistes manifestiert. Was für viele erst recht ein Grund sein mag, daran festzuhalten. So hangeln wir uns denn von Lüge zu Lüge, relativ gesehen.

Ob, und wenn ja, was alles stimmt oder auch nicht, bleibt offen. Leider wird ja der Wahrheitsgehalt von modischen Lügen erst in einigen Jahren offenbar. Aber da ist man dann schon in den nächsten Unsinn verstrickt und erinnert sich kaum mehr an den von früher. Wie etwa tödliches Regenwasser oder unverkäufliche Tablets. C’est la vie, strudeln wir hald einfach mit. Etwas anderes bleibt uns auch in der IT eh nicht übrig.

Vuvuzelafreie Grüße – Dietmar Müller

Der Autor ist seit 2007 Chefredakteur von silicon.de. Zuvor war er viele Jahre u.a. bei ZDNet.de, der Computerwoche sowie für die Springer-Presse tätig. Beschimpfungen bitte an dietmar.mueller@cbs.com oder unten in die Kommentarfunktion.