EU-Parlament fordert Internationalisierung der Netzverwaltung
Kommende Woche findet in Brüssel eine fünftägige Konferenz (20. bis 25.6.) der Internet-Adressverwaltung ICANN statt. Noch vor Eröffnung der Konferenz, hat das EU-Parlament eine Resolution verabschiedet, in der es die Internationalisierung der Netzverwaltung fordert.
In seinem Beschluss erkennt das Parlament an, dass die im Privatsektor angesiedelten Internet-Verwalter bisher eine “positive führende Rolle” gespielt hätten. Insbesondere meint es damit Organisationen wie die ICANN und die für die Vergabe der Internet-Adressen zuständige Organisation IANA.
In der Resolution heißt es, dass künftig die Regierungen bei der Festlegung einer umfassenden Strategie eine stärkere Rolle spielen müssten. Dafür sollten EU-Akteure sich unter Federführung der Kommission untereinander abstimmen. Sie sollten sich allerdings nicht laufend einmischen. Bei der Mitbestimmung gehe es insbesondere um den Schutz von Grundrechten und -freiheiten sowie um Fragen der Sicherheit, Integrität und Stabilität des Internets.
Konkret an die Adresse der von der US-Regierung an der langen Leine geführten Internet-Verwaltungen ICANN und IANA wandten sich die Abgeordneten mit der Forderung, dass von Maßnahmen wie dem Entzug von IP-Adressen und Domain-Namen in Drittländern abgesehen werden müsse. Die Integrität des Internets müsse weltweit geschützt werden.
Als “Risiken für die öffentliche Sicherheit” bezeichnete das EU-Parlament die Abhängigkeit Europas von den marktbeherrschenden Lösungen, die vornehmlich aus den USA stammen. Das spielt nicht nur auf Malware-gefährdete Betriebssysteme, sondern vor allem auf Cloud-Dienste an. Datenschützer warnten bereits vor der Nutzung solcher Dienste, da sie fremden Regierungen auch Gelegenheit verschaffen, Industriespionage zu betreiben
Im Hinblick auf die jüngsten Auseinandersetzungen um die mehrfach geänderten Datenschutzeinstellungen bei Facebook sowie diverse Datenschutzskandale bei Google fordert das Parlament die Kommission auf, tätig zu werden. Sie soll nun “im Hinblick auf die Schaffung wirksamer internationaler Mechanismen zur Streitbeilegung einen Vorschlag zur Anpassung der Datenschutzrichtlinie an die heutigen Gegebenheiten im digitalen Bereich” vorlegen.
Außerdem nahm das Parlament die Entschließung auch zum Anlass, weitere Themen der Netzpolitik anzusprechen. Dabei betonte es unter anderem, wie wichtig “ein offenes zugängliches Internet” sei, dass weder Regierungen noch private Stellen den Zugang durch Zensurmaßnahmen, Blockierung oder Filterung einschränken.