Streit um Datenschutz für Arbeitnehmer
Lidl überwachte Arbeitnehmer per Video, die Telekom durchforschte Telefondaten von Aufsichtsräten nach “undichten Stellen” und die Bahn ließ Kontodaten von Mitarbeitern nach Hinweisen auf Korruption durchsuchen. Nach den Datenschutz-Skandalen der jüngsten Zeit hat sich in der Politik die Überzeugung durchgesetzt, dass die Daten der Arbeitnehmer durch ein Gesetz geschützt werden müssen. Ein erster Entwurf hat Streit ausgelöst.
Betriebsinhaber beziehungsweise die Geschäftsleitung hätten grundsätzlich die Pflicht, die erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen Gesetze und bestehende Pflichten zu verhindern, hieß es von Alfred Lohbeck, Leiter Konditionen und Arbeitsrecht bei der Telekom. Sein Fazit: Grundrechtsschutz der Mitarbeiter ist Aufgabe der betrieblichen Regelungsgeber.
Professor Dr. Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn, zeigte sich besorgt, dass es bei der Reform zu einem Zurückdrängen der Betriebsvereinbarung als Regelungsinstrument kommen werde. Dadurch nehme die Rechtsunsicherheit zu, so Thüsing.
Betriebsvereinbarungen könnten Grundlage für einen grundrechtskonformen Umgang mit Arbeitnehmerdaten sein, so Manfred Becker, Anwalt für Arbeitsrecht bei Eimer Heuschmid Mehle. Eine Betriebsvereinbarung stünde im Einklang mit dem Bundesdatenschutzgesetz und sei gerichtsfest, soweit sie die Persönlichkeitsrechte unter Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips beachte. Auch Becker kritisierte den Gesetzesentwurf, weil er genau diesen Gestaltungsmöglichkeiten den Boden entziehe.
Laut Gabriela Krader, Konzerndatenschutzbeauftragte der Deutschen Post DHL, sind international agierende Konzerne über nationale Rechtsräume hinausgewachsen. Selbst EU-Regeln greifen für globale Unternehmen zu kurz, so Krader. Sie kritisierte, dass in der Praxis zwar die Möglichkeiten weiter zunehmen, personenbezogene Daten im Konzern zu übermitteln, sich jedoch keine Gesetzgebungslösungen abzeichnen, die das Rechtsrisiko für den Transfer personenbezogener Daten im Konzern weitreichend mindern. Krader sprach sich für ein sogenanntes “Konzernprivileg” aus, das Konzernen den Beschäftigtendatenschutz in Eigenregie erlauben würde.
Unterdessen wächst der Druck auf das Bundesinnenministerium. Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer forderte in Briefen an de Maizière, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), den Referentenentwurf “deutlich zu korrigieren”. Der DGB veröffentlichte dazu eine ausführliche Stellungnahme.