Konservative Wende in der IT-Politik gestoppt?
Noch Anfang dieses Jahres musste man sich Sorgen machen über Anzeichen einer Abkehr der öffentlichen Verwaltung von offenen Schnittstellen und Standards, auf europäischer wie auf bundesdeutscher Ebene. Jetzt aber mehren sich Stellungnahmen maßgeblicher politischer Kräfte, die Offenheit wieder in das Zentrum der IT-politischen Orientierung rücken.
Angesprochen auf den Begriff “Marktstandards”, der so viel Kritik hervorgerufen hat, präsentiert die Staatssekretärin eine interessante Erklärung: “Den Begriff Marktstandards wollen wir keineswegs im Sinne proprietärer Standards verstanden wissen.” Es gehe nur darum, dass die Behörden keine eigenen Standards entwickeln sollten, wenn am Markt schon andere existierten. “Der Begriff Marktstandards wird im IT-Staatsvertrag als Gegenbegriff zu den von der öffentlichen Verwaltung selbst entwickelten Standards genutzt und nicht als Gegenbegriff zu offenen Standards.”
Solche eindeutigen Aussagen wird nicht nur die deutsche Open-Source-Gemeinde zufrieden registrieren. Auch viele IT-Entscheider in der öffentlichen Verwaltung dürften beruhigt sein, dass sie sich offenbar nicht auf völlig neue politische Vorgaben einrichten müssen. Nach aller politischen Erfahrung bedeuten die Ausführungen allerdings nicht, dass auf absehbare Zeit keine neuen Angriffe aus einer rückwärtsgewandten Ecke zu erwarten seien. Sie gehören zur Demokratie ebenso wie die Wachsamkeit ihnen gegenüber.
Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in München.