Deutschland: Land ohne High-Tech-Gründer
Zwei Doktoren, eine Diagnose. Während gebetsmühlenartig davon die Rede ist, dass Innovationen die Zukunft des rohstoffarmen Deutschlands seien, gehen dem Land die High-Tech-Gründer aus. Das sagen der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK und Fraunhofer Venture.
“Trotz fast 200 Förderprogrammen für Existenzgründer ist es nicht gelungen, eine Welle von Gründungen mit hohem Erfolgspotenzial anzustoßen”, kritisiert er. “Wir brauchen in den Schulen und Universitäten eine deutschlandweite Offensive für das Verständnis von Unternehmertum.” Ohne findige Unternehmer verspiele Deutschland Zukunftschancen.
Fraunhofer Venture, der Gründungsberater der Fraunhofer-Gesellschaft, hatte bereits im Juni darauf hingewiesen, dass für High-Tech-Gründungen kaum privates Kapital zur Verfügung steht. Auch Fraunhofer Venture forderte eine neue Gründermentalität. Zudem seien eine Neuausrichtung der Forschungsförderung und ein einfacherer Zugang zu öffentlichen Mitteln notwendig.
So seien Ausgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen derzeit sehr selten, so der Gründungsberater. Zwar sei die Fraunhofer-Gesellschaft mit 3,4 Gründungen pro 1000 forschenden Mitarbeitern Spitzenreiter. Doch viel zu wenige Akademiker, die in Deutschland forschen, gründeten mit ihren Erfindungen tatsächlich ein Unternehmen. Nach Ende der Projektphase veralteten viele Patente im Archiv oder ihr Potenzial werde im Ausland verwertet.
Wenn Deutschland ein Innovationsstandort mit Zukunft sein solle, dann genüge es nicht, Laborerfolge zu feiern, diese müssen auch am Standort umgesetzt werden. Das sei ein Problem der Forschungsförderung: “Die wirtschaftliche Verwertung eines Projektes muss fokussiert werden”, sagte Thomas Doppelberger, Leiter von Fraunhofer Venture. Nur wenn eine Umsetzung realistisch scheine, sollten weitere Fördermittel ausbezahlt werden, zum Beispiel eine zweite Tranche. So könne der Ausgründungsgedanke bereits in der Forschungsphase gefördert werden und dies langfristig die deutsche Gründermentalität verändern.
Doppelberger fordert zudem, den Zugang zu öffentlichen Geldern zu vereinfachen. In Folge der Venture-Capital-Knappheit spielen für Gründer öffentliche Geldgeber, wie der High-Tech Gründerfonds, derzeit die entscheidende Rolle. Doch die Finanzspritzen je Gründung seien begrenzt, während gleichzeitig für viele Projekte die Anforderungen sehr hoch seien. Neben Eigenmitteln werde im Bewerbungsverfahren bereits ein kompletter Business-Plan inklusive Exit-Strategie gefordert. Dies könnten viele Gründer schlicht nicht darstellen.
Eine Folge laut Doppelberger: Die Förderung von Bund und Ländern habe nicht die Durchschlagskraft, die sie haben könnte. Obwohl seit einigen Jahren mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, verzeichne auch der Gründungsreport des Zentrums für Europäische Gründungsforschung ZEW keinen Anstieg bei Neugründungen im High-Tech-Bereich. Da private Investoren offenbar nicht zu gewinnen seien, müsse ein Experten-Gremium geschaffen werden, das rasch und unbürokratisch staatliche Mittel zur Verfügung stelle, so Doppelberger.