Interview: Cloud und Realität

“IBM geht davon aus, dass der Markt für Cloud Computing von 2008 bis 2012 jährlich um durchschnittlich 28 Prozent, von 47 Milliarden auf 126 Milliarden Dollar wächst.” – Solche und ähnliche Statements hören wir nun schon seit gut drei Jahren. “Was ist wirklich dran am Hype?”

silicon.de: Worauf sollten CIOs bei der Nutzung besonders achten?

Treitz: Der gleiche Ratschlag wie immer im Leben: Genau hinschauen, rational entscheiden. Die Cloud ist ein technisches Angebot mit enormem Potential, kein Religionsersatz.

silicon.de: Größter Hemmschuh für CIOs für die Cloud-Nutzung sind die auch von Ihnen genannten Sicherheitsbedenken. Kann das noch werden?

Treitz: Die Bilanz der technischen Sicherheit fällt aus meiner Sicht einigermaßen ausgewogen aus. Natürlich sind Daten auf einem Server, der über Internet erreichbar ist, auch unbefugt erreichbar und nur von ein paar technischen Barrieren geschützt. Aber ist das nicht bei über 90 Prozent aller internen Systeme auch der Fall ? Natürlich haben es Wirtschaftsspione einfacher. Sie müssen nicht mehr jede Firma einzeln knacken, sondern “nur noch” ein paar Cloud-Anbieter. Aber hat der Cloud-Anbieter nicht vielleicht ein klareres Konzept und stringentere Regeln, wie er Zugriffsschutz sicherstellt? Natürlich würde eine einzige Lücke in der Amazon Cloud nicht nur ein paar Daten entweichen lassen, sondern wäre ein großes Problem. Das sind aber Punkte bei denen man rational Vorteile und Risiken aus der eigenen Perspektive abwägen kann.

Wirklich problematisch sehe ich die Rechtssicherheit. Die Nutzung eines amerikanischen CRM-Anbieters ist nicht wasserdicht nach deutschem Recht legal, weil personenbezogene Daten (Kundenadressen) in den USA gelagert werden und man dazu im Zweifelsfall das Einverständnis jedes Interessenten einholen müsste (was nun absolut unrealistisch ist).

silicon.de: Unterhält man sich mit unabhängigen Beobachtern der Szene, so wird von wenigstens zwei Jahren geredet, die die Cloud noch benötige, um erwachsen und für CIOs akzeptabel zu werden. Können Sie das bestätigen?

Treitz: Ach diese Prognosen! Wann ist ein Konzept erwachsen? Das ist wie bei Kindern. Wann werden die denn erwachsen? Das ist ein Prozess. Manches klappt früh, anderes dauert. Ich fürchte die Rechtssicherheit werden wir in zwei Jahren noch nicht haben. Vielleicht werden wir beim Thema SLA weiter sein. Und aus technischer Perspektive ist das gute Kind schon heute einen Kopf größer als die Eltern um im Bild zu bleiben.

silicon.de: Diesen Monat soll zum wiederholten Male SAPs “Business ByDesign” eingeführt werden. Geben Sie ERP-on-Demand eine Chance?

Treitz: Bei gutem Wetter, wie derzeit, neige ich zu Optimismus.