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Denn Oracle braucht eine DSAG

Wie kam es eigentlich, dass die gesamte SAP-Führungsriege so urplötzlich mit Apples iPad ausgerüstet wurde? Dazu später mehr, ich kann nur so viel sagen, dass es uns tiefe Einblicke in die Psychologie des Menschen, vielmehr des Managers gibt.

Alle Manager sind Menschen. Zumindest scheint es äußerlich so. Aber es sind deshalb noch lange nicht alle Menschen Manager. Die eine oder andere Gemeinsamkeit aber teilen wir doch. Beim Thema Teilen denken wir an Martin, der mit der Gans und dem Mantel. Geteilt wurde auch auf der OpenWorld, allerdings kein Mantel, sondern eine Vision, dass Oracle schon mittelfristig den Konkurrenten IBM überflügeln will. Weckt mich, wenn es soweit ist, und sollte ich vorher ableben begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses, bitte. Stillstand also, denn den Spruch haben wir ja schon gehört, als Ellison zum ersten Mal darüber laut nachdachte, Sun zu kaufen. Stillstand obwohl ja frisches Managerblut in den Adern des neuen IT-Riesen pulsiert.

Mark Hurd kämpft jetzt nicht mehr für HP, sondern unter Ellison und damit haben sich gleich zwei Übernahmefetischisten zusammengefunden. Hurd, der wohl das wertvollste Techtelmechtel der IT-Geschichte hingelegt hat, könnte auch für weitere Überraschungen gut sein. HP zittert indes, aber das hätte man sich vielleicht vorher überlegen sollen. Diese losen Zusammenkünfte mit Frau… wie hieß sie noch? War es Frau Fischer? Ich bin mir gar nicht mehr sicher, aber das ist auch egal. Wichtig ist vielmehr, dass es zum Rauswurf bei HP gelangt hat. Und dass sich Ellison erbarmt hat, Hurd aufzunehmen, hat Oracle laut Luis Praxmarer von Experton an der Börse um 7 Milliarden Dollar wertvoller gemacht. Das ist ja fast so, als würde Steve Jobs Apple abhanden kommen.

Als sich Jobs krankheitsbedingt eine Auszeit nahm, sackte der Apple-Kurs ab, als er wieder kam, schnellte er in die Höhe. Alles Psychologie, an der Börse wie im richtigen Leben auch. Psychologie ist auch im Spiel, wenn Hurd jetzt verkünden darf, dass Oracle mit tollen integrierten Software-Hardware-Middleware-Kisten a lá Exadata dem IBM-Ziel nacheifern will. Der Mensch braucht Ziele, aber mein Psychologe hat mir einmal geraten, mich an Gegnern zu messen, die mehr oder weniger gleich gut sind wie ich. Wenn’s geht, sollten die nur ein klein wenig schlechter aufgestellt sein, als man selbst. Das sei dem Selbstwertgefühl zuträglich. Und mit dem Selbstwert, steigt auch das Selbstbewusstsein anderen gegenüber. Dafür muss man aber einen übertrumpft haben, der nur wenig schlechter ist als man selbst. Und ohne das jetzt werten zu wollen: Die Jungs und Mädels von der DSAG strotzten auf ihrer Jahresversammlung geradezu vor Selbstbewusstsein. Das nährt sich nicht etwa aus Lob, sondern aus der Tatsache, dass man bei der Supportfrage das Gegenüber SAP in die Knie gezwungen, ja geradezu niedergerungen hat. (Eigentlich war es nicht nur die DSAG, sondern der SAP-Neukunde schlechthin, der auf einmal keiner mehr werden wollte, und das nicht nur wegen Standard oder Enterprise Support. Das nur am Rande.)

Ein Lernprozess, wie Jim Hagemann Snabe und auch Michael Kleinemeier jetzt erklären, hat bei SAP stattgefunden. Auf Bayerisch würde man sagen, es hat “gschnagglt”. Jetzt haben sich wieder alle lieb und der Dialog ist wieder einer. Da freute sich die Anwenderschaft und wechselt jetzt auch mal ganz freiwillig auf Enterprise Support, ganz ohne Zwang. Darüber musste sich der SAP-DACH-Chef Kleinemeier dann doch wundern, verriet er über sein nagelneues iPad wischend. “Jetzt machst Du Enterprise Support, wo Du Dich doch so dagegen gewehrt hast!”, habe Kleinemeier einen Großkunden gefragt. Darauf habe der Anwender gesagt: “Das stimmt, aber ich wollte einfach die Wahlmöglichkeit.” Auch in diesem Moment habe er, Kleinemeier, “viel gelernt”. Ich nehme an, es hat mit Psychologie, mit Menschenkenntnis – Managerkenntnis – und mit Allmachtphantasien von Anbietern zu tun, womit ich – ohne einen Zusammenhang herstellen zu wollen – noch mal geschmeidig zu Oracle überleiten muss: Auch hier werden Lernprozesse auf Anbieterseite gefragt sein.

Eine Appliance für alles? Meinetwegen, aber nur, wenn ich auch die Wahl habe. Keine Wahl haben Sie, wenn Sie sich einen Bonzen-Audi (A8 oder die Größenordnung) kaufen. Denn da schlummert im Handschuhfach funkelnagelneu und mit nativer Neidfaktor-App ein iPad. Den Neidfaktor hat man zwar schon mit dem Audi, aber es könnte ja auch vorkommen, dass Sie ein Manager sind, und einem anderen Manager, quasi nackt gegenüberstehen, ohne Audi meine ich. Dann sollte man wenigstens ein iPad bereit haben, um seine Scham zu bedecken. Das wär doch toll: eine Feigenblatt-App, in der die Auflösung auf die Bildschirmgröße, die übrigens schon immer und auch wenn Zoll sonst nur noch im norddeutschen Zollstock eine sprachliche Rolle spielt (Bayerisch: Meterstab, oder kurz Metara), immer in Zoll angegeben wurde und auch solange bis Oracle IBM übertrumpft, in Zoll angegeben werden wird, angepasst. Und immer wenn man den 9,7-Zoll-Bildschirm (das sind in Zentimetern 24,69) in einer gewissen Neigung vor die Leistengegend hält, erscheint ein Feigenblatt.

Gleich wenn ich aus dem Zug ausgestiegen bin und Charlie Haden seine ‘Points of Views’ ausgedudelt hat, werde ich diese App programmieren lassen. So und jetzt wie versprochen die Geschichte, wie die SAP-Manager zu den iPads kamen: Bei einem Vorstandsausflug zu “einem großen deutschen Automobilhersteller”, wie silicon.de aus an dem Ausflug beteiligten Kreisen erfahren konnte, war die gesamte Chefetage und auch die nächstunterste Leitungsebene mit einem iPad in der Armbeuge unterwegs. Offenbar kamen sich da die SAP-Manager mit ihren Nokia-Communicators, BlackBerry und was sonst bislang als sexy galt, auf einmal ziemlich nackt vor. Drei Tage später aber war auch die SAP-Führungsmannschaft wieder standesgemäß eingekleidet. Man sieht: Manager sind auch nur Menschen.

In diesem Sinne, herzliche Grüße von Ihrem silicon.de-Team

Silicon-Redaktion

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