Microsoft verliert Ray Ozzie
Ende einer Ära: Ray Ozzie, Chief Software Architect bei Microsoft, hat überraschend seinen Rücktritt erklärt. Wie Microsoft-CEO Steve Ballmer in einem Rundschreiben an die Mitarbeiter ankündigte, wird Ozzie das Unternehmen nach einer unbestimmten Übergangszeit verlassen. Insider berichten von Streit im Microsoft-Management.
Ozzie räumte 2008 gegenüber dem Magazin Wired ein, dass er Angst davor hat, vor einer Menschenmenge zu sprechen. “Ich habe eine große, gewaltige Angst davor.” Wired veröffentlichte einen ausführlichen Bericht. Auch andere Microsoft-Beobachter verlangten bereits damals von Ozzie, in der Öffentlichkeit mehr Flagge zu zeigen.
Bill Gates nannte Ozzie einmal einen der fünf weltbesten Programmierer. Für Lotus schrieb Ozzie Symphony, eine der ersten Collaboration-Anwendungen. Nachdem IBM Lotus 1995 kaufte, leitete er die IBM-Notes-Abteilung. 1997 gründete Ozzie den Collaboration-Anbieter Groove Networks und verließ IBM. Im März 2005 kaufte Microsoft Groove, Ozzie wurde einer von drei Microsoft Chief Technical Officers. Bereits kurze Zeit später – im November 2005 – machte Ozzie in einem Memo auf die Schwächen in Microsofts Geschäftsmodell aufmerksam.
Man habe Trends verschlafen, hieß es darin. Wenn man jetzt nicht schnell die Kurve kriege, vor allem beim Thema Internet und Online-Dienste, “dann ist unser Business, wie wir es heute kennen, in Gefahr.” Diese Bemerkungen lassen bereits den Slogan ‘Software + Services’ anklingen, mit dem Microsoft heute auf Kundenfang geht. Bill Gates stellte sich hinter das Ozzie-Memo. Als Ozzie im Juni 2006 die Rolle des Chief Software Architect von Gates übernahm, erhielt er die Chance, die Kritik in Produkte umzuwandeln.
Microsoft hat seitdem Cloud-Produkte wie ‘Windows Live’, ‘Windows Azure’ und die ‘Office Web Apps’ vorgestellt. Eines der wichtigsten Projekte Ozzies war Live Mesh. Teile dieses Konzepts sind inzwischen in Windows Live eingeflossen. An anderen Teilen arbeitet Microsoft noch. Dazu gehören auch Verhandlungen mit den Hollywoodstudios, damit Nutzer Inhalte wie Spielfilme und TV-Serien auf unterschiedlichen Geräten ansehen können.