IT-Freiberufler: Wirren um Scheinselbständigkeit
Immer häufiger verlangen Unternehmen von IT-Freiberuflern die Unterzeichnung von Statusfeststellungsanträgen. Diese sind jedoch weder für Freiberufler noch für IT-Freiberufler sinnvoll, sagt Rechtsanwalt Dr. Benno Grunewald, Vorstand des Berufsverbandes Selbständige in der Informatik (BVSI e.V.).
silicon.de: Ist die Problematik der Scheinselbständigkeit für IT-Freiberufler und deren Auftraggeber wieder aktuell?
Dr. Grunewald: Die DRB versucht seit langem, aus freien Mitarbeitern Arbeitnehmer und aus Auftraggebern Arbeitgeber zu machen. Mit der Argumentation Scheinselbständigkeit ist die DRB kürzlich in einem von mir geführten Verfahren vor dem Sozialgericht Wiesbaden gescheitert. Mit teilweiser abstruser Argumentation versuchte die DRB in diesem Fall, ein scheinselbständiges Beschäftigungsverhältnis zu konstruieren, wo keines bestand.
silicon.de: Wie lauteten die Argumente der DRB im dem von Ihnen geführten Fall, eine Scheinselbständigkeit zu erkennen?
Dr. Grunewald: Die Deutsche Rentenversicherung Bund verdrehte die Angaben des IT-Beraters teilweise in ihr Gegenteil. Während der Freiberufler argumentiert hatte, er handele nicht weisungsgebunden, erkannte die DRB ein Weisungsrecht des Unternehmens.
Der Freiberufler könne seine Arbeitszeit zudem nicht eigenständig gestalten, sondern diese sei stets mit der Projektleitung und dem Projektteam abzustimmen. Das Honorar sei nicht leistungsabhängig, wie der Freiberufler angab, sondern es bemesse sich nach der Anzahl der geleisteten Arbeitstage.
Da der IT-Berater kein eigenes Kapital einsetze, bestehe auch kein unternehmerisches Risiko. Dass der Freiberufler die Arbeitsleistung wie von ihm angeführt, eigenständig erbringe, begründe nicht eine selbständige Tätigkeit. Laut DRB-Einschätzung war der der Status des IT-Beraters ‘funktionsgerecht dienend’.
silicon.de: Nachdem auch der Widerspruch abschlägig beschieden wurde, wandte sich der Freiberufler an das Sozialgericht. Zu welchem Urteil kam das Sozialgericht?
Dr. Grunewald: Das Sozialgericht stellte im Jahr 2010, vier Jahre nach der Antragstellung, fest: Die seit Januar 2006 vom Freiberufler ausgeübte Beratertätigkeit ist als selbständige Tätigkeit anzusehen, die nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Diesem Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden kommt keine Bindungswirkung für andere Sozialgerichte oder Landessozialgerichte zu. Letztlich muss jeder Fall einzeln durchgekämpft werden.