Categories: Management

IT-Freiberufler: Wirren um Scheinselbständigkeit

silicon.de: Kann sich ein Freiberufler vor einer Einstufung als Scheinselbständiger schützen, indem er einen Statusfeststellungsantrag unterzeichnet?

Dr. Grunewald: Die freiwillige Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens halte ich grundsätzlich für falsch. Dem einzig positiven Aspekt, damit Sicherheit über das Mitarbeiterverhältnis zu erlangen, stehen eine Vielzahl möglicher negativer Folgen gegenüber: So ist die Verfahrensdauer ist häufig sehr lang.

In einigen von mir geführten Verfahren ist das betroffene Projekt längst abgeschlossen, ohne dass eine Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRB) vorliegt. Kommt es zum Verfahren vor dem Sozialgericht, dauert es nochmal länger. So lagen in einem Fall zwischen der Antragstellung und der Entscheidung des Sozialgerichts vier Jahre!


Dr. Benno Grunewald
Foto: BVSI e.V.

Unternehmen erhoffen sich fälschlicherweise von Statusfeststellungsanträgen einen ‘Persilschein’. Diesen werden sie aber in 99 Prozent der Fälle nicht bekommen. In fast allen Projekten, zu denen ein Statusfeststellungsantrag eingereicht wird, nimmt die DRB ein scheinselbständiges Arbeitsverhältnis an. Für ein Statusfeststellungsverfahren bleibt somit kaum ein gutes Argument.

silicon.de: Wie können Firmen und Freiberufler den Status einer scheinselbständigen Beschäftigung vermeiden?

Dr. Grunewald: Wichtig ist es, die Verträge sorgfältig zu prüfen und zu aktualisieren. So finden sich immer wieder Verträge, in denen noch von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Rede ist, die es schon lange nicht mehr gibt. Weiterhin sollte im Vertrag stehen, dass der Freiberufler nicht in den Betriebsablauf des Auftraggebers eingebunden ist und auch nicht weisungsgebunden tätig ist. Dass er sich bemühe, die vereinbarten Leistungen zu erbringen, die Erfüllung aber nicht zwingend gegeben sei.

Ich empfehle den Unternehmen auch dringend auf folgenden Zusatz verzichten: ‘Der Freiberufler darf keine Mitarbeiter oder nur eingeschränkt Mitarbeiter einsetzen’. Günstiger ist es, folgenden Satz in den Vertrag aufzunehmen: ‘Der Freiberufler darf Mitarbeiter einsetzen.’ Den vertraglichen Regelungen sollte höchste Aufmerksamkeit geschenkt werden, um der DRB keine unnötige Munition für eine entsprechende Vertragsauslegung zu liefern.

Page: 1 2

Silicon-Redaktion

Recent Posts

Studie: Rund ein Drittel der APIs sind ungeschützt

Angriffe auf APIs und Webanwendungen sind zwischen Januar 2023 und Juni 2024 von knapp 14…

2 Tagen ago

Universitätsmedizin Essen setzt für E-Mail-Sicherheit auf NoSpamProxy

Mit täglich über 45.000 eingehenden E-Mails ist die IT-Abteilung des Klinikums durch Anhänge und raffinierte…

2 Tagen ago

Bau-Spezialist Schöck: Migration von SAP ECC ERP auf S/4HANA

Bau- und Fertigungsspezialist investiert in die S/4HANA-Migration und geht mit RISE WITH SAP in die…

4 Tagen ago

Pure Storage: Cloud, KI und Energieeffizienz

Trends 2025: Rasante Entwicklungen bei Automatisierung, KI und in vielen anderen Bereichen lassen Unternehmen nicht…

5 Tagen ago

GenKI verbessert Datenmanagement und Angebotsgenauigkeit

DHL Supply Chain nutzt generative KI-Anwendungen für Datenbereinigung und präzisere Beantwortung von Angebotsanforderungen (RFQ).

6 Tagen ago

Rolls-Royce Power Systems nutzt industrielle KI aus der IFS Cloud​

Marke mtu will globale Serviceabläufe optimieren und strategische Ziele hinsichtlich Effizienz, Nachhaltigkeit und Wachstum unterstützen.

6 Tagen ago