Eine andere Frage ist jedoch, wie sich künftig der IT-Standort Deutschland weiter entwickelt. Dieser sei zu Zeiten des hier einmal etablierten GSM-Standards immerhin eine weltweit führende Größe gewesen, so Boris Mauer weiter, und der alte Ruhm solle jetzt durch eine neue ungleich mutigere Traditionslinie wieder auferstehen.
Über den probaten Lösungsweg zu einer frisch elektrisierten Wirtschaftsmarke “Made in Germany” bestand auf dem Podium indes keine Einigkeit. Unternehmensberater Boris Maurer glaubt, dass Crowdsourcing, also das Nutzen der kollektiven Massenintelligenz, künftig eine wesentliche Rolle spielt. Denn Deutschland verfüge bislang nur über rund 15.000 junge Technologieunternehmen, benötige aber die doppelte Zahl, um sein derzeitiges Innovationstempo zu halten.
Staatlich koordinierte Förderstrukturen sieht der Unternehmensberater jedenfalls kaum mehr als probaten Lösungsweg für junge Unternehmensgründer an. Ebenso wenig bringe Gründer der Gang zu Großunternehmen bei der Suche nach Venture Capital weiter. “Die Crowdsourcing-Plattformen tragen deshalb dazu bei, neue Wachstumsschübe bei jungen Unternehmen zu generieren”, glaubt Maurer.
“Wir müssen die Voraussetzung für ein Innovationsklima schaffen und dabei die Erfahrungen und das Wissen aller Generationen von Mitarbeitern einbeziehen”, ergänzt passend dazu Carlo Wolf, Geschäftsführer Cisco Deutschland. Er plädiert dafür, nicht nur von neuen Technologien zu profitieren, sondern parallel dazu auch die notwendigen kulturellen Veränderungen in den Unternehmen einzuleiten.
“Der Nutzung der Schwarmintelligenz gehört die Zukunft”, ist der Cisco-Manager überzeugt. Eine derart fundamentale Erkenntnis resultiere schließlich aus der eigenen Erfahrung. Denn der IT-Netzwerkspezialist nutzt für die interne Wissensvermehrung zahlreiche Werkzeuge, um nicht nur die Vorschläge der Mitarbeiter zu den unterschiedlichsten Themen einzubinden.
So haben die Spezialisten bereits mehrfach den Rat von externen Experten zur Produktentwicklung zu Rate gezogen und dazu beispielsweise einen Ideenwettbewerb ins Leben gerufen. “Einfach Ideen einzusammeln, reicht allerdings beim Crowdsourcing-Ansatz nicht aus, es muss auch ein klares Prozedere zur Umsetzung in marktreife Produkte geben”, so Wolf. Dass eine systematische Vorgehensweise den Schlüssel zum Erfolg darstellt, das bestätigt auch Martin Ertl von Bombardier.
Der Schienenfahrzeughersteller blickt zurück auf die erfolgreich lancierte Design-Initiative Yourail. Darin konnten Fahrgäste die Innenräume von Zügen gestalten. Die Idee dahinter sei gewesen, auf andere Materialien als üblich zu setzen. Immerhin rund 4500 Vorschläge und 450 frei gestaltete Designkonzepte seien eingegangen. “Ein voller Erfolg”, bilanziert CIO Ertl.
“Revolutionen entstehen durch einen klaren Fokus und eine präzise Fragestellung, wie am Beispiel des iPods von Apple deutlich wird”, sagt Boris Maurer. Offenbar räumen die Experten der dezentral gestalteten Crowdsourcing-Plattformen deutlich größere Erfolgschancen ein als zentral orchestrierten Innovationskonzerten.
Denn die deutliche Kritik der Podiumsteilnehmer am Ende der Diskussion an den Fortschritten bei der Umsetzung der nationalen Strategie zur Elektromobilität war kaum zu überhören. Hintergrund: Im Jahr 2020 sollen rund eine Million mit reinrassigem Elektromotor betriebene Fahrzeuge auf bundesdeutschen Straßen unterwegs sein.
Bislang ist die Initiative jedoch nicht aus den bürokratisch organisierten Startlöchern heraus gekommen. “Die Nationale Plattform zur E-Mobilität verhindert die Innovation als diese sinnvoll nach vorne zu befördern”, bringt es Unternehmensberater Boris Maurer auf den Punkt. Somit verorteten die Teilnehmer das Hauptproblem der “deutschen Innovationskultur” vor allem in der langsamen und zähflüssigen Umsetzung von an sich meist guten Konzepten und Ideen.
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