Sparen mit elektronischer Rechnungseingangsbearbeitung
Die Rechnungsabwicklung verursacht in vielen Unternehmen hohe Kosten und nimmt viel Zeit in Anspruch. Oft sind langsame und unübersichtliche Prozesse der Grund dafür. Moderne Systeme können Abhilfe schaffen. Die Analysten des Würzburger Beratungshauses BARC, Martin Böhn und Michael Schiklang, zeigen, worauf es ankommt.
Prozesse zur Abwicklung von Eingangsrechnungen sind oft komplex und umfangreich: Alle eingehenden Rechnungen müssen erfasst und bearbeitet werden, personelle Ausfälle führen schnell zu Engpässen, dezentrale Strukturen oder mehrstufige Freigabeprozesse behindern die Transparenz. Zudem erstellen viele Mitarbeiter Kopien der Rechnungen (für abteilungseigene Rechnungsakte, Projektakte etc.), um weiter Zugriff auf die Informationen zu haben.
Zu teure Rechnungen
Der klassische Rechnungseingangsbearbeitungsprozess ist damit durch mangelnde Transparenz, lange Liegezeiten und einen hohen Bearbeitungsaufwand geprägt. Bei Rechnungen mit geringen Beträgen sind damit die Kosten der Prüfung und Freigabe unverhältnismäßig hoch, bei Rechnungen mit hohem Betrag schmerzt der Skontoverlust.
Moderne Systeme für die elektronische Rechnungseingangsbearbeitung (oder Input Management,IM) können die Mitarbeiter hier deutlich entlasten. Die Leistungsfähigkeit der IM-Software ist dabei in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, was insbesondere auf bessere Erkennungs- und Klassifikationstechnologien und die gestiegenen Prozessorleistung zurückzuführen ist. Zudem wurde die Bedienung erleichtert, da die IM-Systeme in bestehende Anwendungen (etwa ERP- oder ECM-Systeme) eingebettet werden können.
Effiziente Erfassung
Um die Vorteile der Lösungen umfassend zu nutzen müssen die Rechnungen möglichst früh digital erfasst werden. Papierbasierte Rechnungen werden dazu gescannt, elektronische Rechnungen über Schnittstellen importiert. Anschließend erfolgt die Extraktion der buchungsrelevanten Informationen. Hierbei werden Positionsangaben (Template-Ansatz) oder mathematische sowie linguistische Regelwerke (Freiform-Ansatz) genutzt.
IM-Systeme reduzieren den Aufwand der Erfassung durch die teilautomatische Extraktion. Rechnungsinformationen müssen nicht mehr komplett abgeschrieben, sondern nur kontrolliert und gegebenenfalls ergänzt werden. Hier bieten die IM-Anwendungen verschiedene Kontroll- und Prüfmechanismen an. Bei der Erfassung können Schwellenwerte definiert und unterschiedliche Erkennungsansätze kombiniert werden, um das Leseergebnis zu verbessern. Zudem ist es möglich, extrahierte Informationen mit Referenzdaten wie Bestellinformationen oder Lieferantenstammdaten abzugleichen. Nach der Klassifikation der Dokumente können hinterlegte Bearbeitungsprozesse angestoßen sowie Bearbeitungsfristen entsprechend der Zahlungsbedingungen und Priorität zugewiesen werden.
Bessere Bearbeitung
IM-Systeme verfügen über regelbasierte Workflows, welche die Bearbeitung von Verteilung steuern und protokollieren. Der Anwender erhält eine Prüfaufgabe und kann sich die Rechnung elektronisch am Bildschirm anzeigen lassen. Über ein Auswahlfeld kann er eine Entscheidung treffen (beispielsweise Angenommen, Angenommen mit Vorbehalt, Ablehnung oder Nicht zuständig), Kommentare eingeben oder weitere Informationen (beispielsweise Kostenstelle) hinterlegen. Die Workflows können den Erfordernissen angepasst werden, beispielsweise ist eine mehrstufige Freigabe (vier oder sechs Augen) abhängig von der Höhe des Rechnungsbetrags möglich.
Vertretungsregeln sind zentral hinterlegbar, um auch bei Abwesenheit einer Person eine fristgerechte Bearbeitung zu sichern. Ein Eskalationsmanagement kann an überfällige Aufgaben erinnern oder diese neu zuordnen. Wenn eine Rechnung inhaltlich oder formal fehlerhaft ist, bieten einige IM-Systeme die Möglichkeit, automatisch ein Anschreiben für den Lieferanten über Template zu erstellen sowie den Vorgang über eine Verknüpfung im ERP zu markieren.
Phasen und Vorteile der elektronischen Rechnungseingangsbearbeitung. Quelle: BARC
Bei Rechnungen mit Bestellbezug muss teilweise gar keine manuelle Bearbeitung mehr vorgenommen werden. Wenn die Rechnung mit Bestellung und Wareneingang übereinstimmt, kann eine so genannte Dunkelbuchung automatisch durch das System ausgelöst werden.
Im Anschluss erfolgt die Übergabe der Daten an das Buchhaltungssystem und die eigentliche Verbuchung. Da die Informationen bereits digital vorliegen, entfällt das umständliche Abtippen der Positionen. Zudem besteht eine bessere Übersicht über die Zahlungsvorgänge und ein Cash-Flow-Management wird vereinfacht. Die Rechnung sowie alle protokollierten Informationen werden archiviert. Auf diese Weise ist die Nachvollziehbarkeit der Bearbeitung gewährleistet.
Vorteile des Input Managements
Zusammengefasst können die Potenziale der elektronischen Rechnungseingangsbearbeitung in verschiedene qualitative und quantitative Vorteile eingeordnet werden:
Direkte Kostenersparnis: Vermeidung von Mahngebühren und Ausnutzen von Skonti; Abbau der Lagerfläche für Papierrechnungen durch Digitalisierung |
Zeitersparnis: Reduktion der Liegezeiten und des manuellen Bearbeitungsaufwands; Vermeidung von Nachfragen zum Bearbeitungsstand |
Qualitätsvorteile: Höhere Transparenz, direkter Abgleich von Rechnungsinformationen mit |
Referenzdaten, Einhaltung von Fristen |
Besseres Partnermanagement: schnellere Bearbeitung, bessere Auskunftsfähigkeit gegenüber Lieferanten |
Datensicherheit und Datenschutz: Schutz vor Verlust und unberechtigtem Zugang, Schnittstellen zur Ablage in revisionssicheren Systemen |
Erleichterung der Erfüllung der gesetzlichen, vertraglichen und organisatorischen Anforderungen: automatische Prüfung auf formale Erfordernisse, Protokollierung der Bearbeitung |
Qualitäts- und Zeitvorteile können durch eine Bewertung beispielsweise der eingesparten Arbeitszeit in indirekte Kostenvorteile umgerechnet werden. Hinsichtlich des Projektaufwands ist zu beachten, dass die meisten Hersteller bereits vorkonfigurierte Template für Erfassung und Workflow anbieten, welche nur auf die Erfordernisse der Kunden angepasst werden müssen. Dies senkt die Implementierungskosten.
Test im BARC-Labor
Die BARC-Studie zu Rechnungs- und Posteingangsbearbeitung untersucht die Systeme anhand verschiedener Merkmalsklassen im Testlabor. Die angewandten Bewertungskriterien sind dabei aus den verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der Systeme in der betrieblichen Praxis abgeleitet. Im Segment Systemarchitektur und Integrationsfähigkeit in Fremdsysteme wie SAP wird der technische Aufbau geprüft. Zudem stehen die Möglichkeiten der Verbindung von Daten und Prozessen mit Fachanwendungen im Fokus. Im Bereich Import und Texterkennung werden sowohl die Funktionen zur Erfassung von Papier als auch von elektronischen Dokumenten getestet. Zudem werden die Texterkennungs- sowie Barcodeengines bewertet und die Bildbearbeitungsmechanismen geprüft. Des Weiteren erfolgt eine Bewertung der Klassifikations- und Extraktionsmechanismen für die Zuordnung der Dokumente zu inhaltlichen Klassen (beispielsweise Rechnung, Beschwerde) und für das Auslesen der relevanten Informationen. Außerdem werden die Validierungs- sowie die Workflowfunktionen geprüft. Auch die Mechanismen zur Übernahme von Fremddaten und die Ergonomie der Clients sind Bestandteil des Tests.
Alle Ergebnisse werden dabei in Form von Kiviatgraphen, welche die prozentuale Erfüllung der einzelnen Kriterienklassen darstellen, aufbereitet (vergleiche Abbildung 2). Neben den Testergebnissen werden die untersuchten Lösungen auch ausführlich in Form von strukturierten Produktbeschreibungen dargestellt. Zudem erläutert die Studie die Grundlagen des IM und ein Vorgehensmodell zur Auswahl des unternehmensindividuell passenden Systems.
Durchschnittliche Ergebnisse der BARC-Studie Rechnungs- und Posteingangs-bearbeitung (Hinweis: Nicht alle Lösungen decken alle Bereiche ab). Quelle: BARC
Fazit: Prozesse verbessern, Kosten sparen
Das Bezahlen von Rechnungen ist eine Notwendigkeit in jedem Unternehmen – aber dieser Prozess trägt nicht zur Wertschöpfung bei. Daher sollten die Unternehmen wenig Aufwand auf den Prozess verwenden und alle Einsparmöglichkeiten betrachten. Moderne Systeme unterstützen die Anwender bei der Erfassung, Bearbeitung und Verteilung der Inhalte und ermöglichen eine bessere Steuerung von Prüf- und Bezahlprozessen.
Entscheidend für das Potenzial einer elektronischen Bearbeitung sind nicht nur die Anzahl der Rechnungen, sondern auch die Höhe der Rechnungsbeträge und insbesondere die Komplexität der Freigabeprozesse. Es gilt, angebotene Preisnachlässe auszunutzen und die Mitarbeiter zu entlasten. Zudem können die Systeme auch andere Szenarien abbilden, beispielsweise Dokumentenextraktion für Bestellscheine oder Freigabeworkflows für andere Dokumente. Input Management ist ein guter Einstieg in eine effiziente elektronische Vorgangsbearbeitung.
Die Werkzeuge, die von BARC untersucht wurden. Quelle: BARC
Über die Autoren: Martin Böhn ist Head of Research Enterprise Content Management (ECM) bei BARC und Michael Schiklang ist Analyst bei BARC.