“SAP-Ausschreibungen lohnen sich”
SAP-Ausschreibungen können sich lohnen, sagte Ralph K. Treitz, Gründer und Vorstand der VMS AG. Die Ausschreibungen müssen dabei auf das Volumen und die Komplexität der Aufgabenstellung ausgerichtet sein.
silicon.de: Herr Treitz, die VMS AG bezeichnet sich als Spezialistin für Ausschreibungen rund um SAP. Wer sind Ihre Kunden in Sachen Ausschreibungen?
Treitz: Als SAP-Spezialisten entspricht unser Kundenspektrum im Wesentlichen dem der SAP, vom Konzern bis zum großen Mittelständler.
silicon.de: Wie haben sich Ihre Kunden in der Krise verhalten – gab es mehr oder weniger Ausschreibungen zu SAP?
Treitz: Nun, auslaufende Outsourcing-Verträge nehmen ja keine Rücksicht auf die Krise. Hier musste neu verhandelt werden. Insgesamt hat der Zug zum Outsourcing des SAP-Betriebs und auch des Application Managements in der Krise eher zugenommen. Gesucht wurden im Wesentlichen die Flexibilisierung der Budgets und eine Verlagerung des Investitions-Risikos. Reine Projektausschreibungen waren stark zurückgegangen, erholen sich aber inzwischen deutlich.
silicon.de: Jetzt steigen die IT-Budgets wieder. Ausschreibungen kosten jedoch Geld, sind komplex und dauern – in welchen Fällen lohnt sich eine Ausschreibung?
Treitz: Wenn Sie sich unter Ausschreibung nicht gerade eine öffentliche, freie, europaweite Ausschreibung vorstellen, dann lohnt sich eine Ausschreibung immer. Sie muss natürlich auf das Volumen und die Komplexität der Aufgabenstellung ausgerichtet sein. Man muss sich freimachen davon, dass Ausschreibung nur die Auswahl des Dienstleisters bedeutet.
Der große Vorteil des Ausschreibungsvorgangs an sich ist der, dass man mit einer klar verständlichen Aufschreibung von Bedarfen und Zielen beginnt. Das lohnt schon bei einem sehr kleinen Projekt, denn es verschafft dem Auftraggeber selbst noch einmal Klarheit über Inhalt, Priorität und Kosten-Nutzenerwartung. Geht man hier bereits methodisch vor, bleibt einem mancher Projektmisserfolg erspart.
silicon.de: Wann raten Sie zu einer verdeckten Ausschreibung?
Treitz: Ehrliche Antwort, nie. Die Erkenntnisse einer verdeckten Ausschreibung erhalten Sie auch von einem guten Benchmarker. Die Fertigung eines soliden Angebots, zum Beispiel im Outsourcing, ist derart aufwändig, dass es sich Dienstleister heute gar nicht leisten können, ihre Zeit an solche Spiele zu verschwenden. Nur in sehr seltenen Fällen – ich muss zugeben, wir hatten gerade einen – macht eine solche Übung Sinn. Hier ging es aber um die vorsichtige Anbahnung einer bestimmten Kunden-Lieferanten-Beziehung.
silicon.de: Was sind typische Probleme im Ausschreibungsprozess?
Treitz: Wie in jedem Teamsport, die Disziplin. Rechtzeitig mit der Ausschreibung beginnen (bei größeren Projekten 12 bis 18 Monate vor Produktivsetzung), keine Informationslecks zum aktuellen Dienstleister oder dem heimlichen Favoriten, stringente Durchführung des Vorgehens- und Zeitplans, Ehrlichkeit gegenüber sich selbst bei den Bewertungskriterien.
silicon.de: Welche Schwächen treten in den vertraglichen Vereinbarungen auf?
Treitz: Professionell vorbereitete Verträge enthalten in der Regel wenig Schwächen. Dabei bedeutet ‘professionell’, vorbereitet von Menschen, die sich hauptberuflich mit solchen Verträgen beschäftigen. Hier herrscht oft seitens IT oder Einkaufsabteilung eine falsche Sicherheit. Man fügt einem existierenden Vertrag drei Klauseln zu Themen hinzu, die in der abgelaufenen Vertragsperiode Verdruss verursacht haben und schon glaubt man sich gut gerüstet.
Gerade die rasche Entwicklung der IT erfordert aber eine ständige Grundüberholung der Vereinbarungen. Aktuell zum Beispiel im Zusammenhang mit Virtualisierung. Lizenzen (auch für Managementwerkzeuge) müssen darauf ausgerichtet sein, ebenso wie scheinbar einfache Begriffsdefinitionen. Was bitte ist denn in einer virtuellen Welt ein Server, und was bedeuten dann Kosten für das Aufsetzen beziehungsweise Abschalten eines Servers?
silicon.de: Woran erkennt das ausschreibende Unternehmen ein gutes Angebot?
Treitz: Wollen wir eine kleine Artikelserie fertigen? Im Ernst; es gibt einfache Kriterien. So zum Beispiel wenn Sie schnell erkennen, dass der Anbieter Ihre Anforderungen gelesen und umgesetzt hat. Nichts ist mühsamer zu lesen, liebloser und demotivierender als ein 100-seitiges Angebotsschreiben, dessen erste 96 Seiten aus Textbausteinen mit nicht auf die Kundenanfrage bezogenem Inhalt bestehen. Wenn der Anbieter sich hier schon keine Mühe gibt, wie wird dann die Zusammenarbeit sein? Nicht Masse, Klasse ist das Kriterium. Ein zweites Kriterium, das in der Regel zum schnellen Knockout führt, ist ein Angebot, dessen Inhalt der Anbieter in einem Präsentationstermin gar nicht erklären kann. So etwas kommt häufiger vor, als man es glauben mag.
silicon.de: Sie versprechen in Sachen Ausschreibungsberatung einen Return on Investment (ROI) im Lauf von sechs Monaten. Das finde ich angesichts volkswirtschaftlicher Faktoren mutig…
Treitz: Nun, wir haben uns generell zur Aufgabe gemacht, nur Projekte durchzuführen, deren Durchführung sowohl für uns als auch für den Kunden lohnend ist. Wir fertigen ja – was durchaus nicht üblich ist – fast ausschließlich zu Festpreisen oder erfolgsabhängig. Damit das funktioniert, erstellen wir immer zwei Kalkulationen: eine, die aufzeigt, welche Kosten wir für die Fertigung der Leistung erwarten. Und eine, die aus dem Kundennutzen kommt. Die beiden Ergebnisse müssen zueinander passen. Wir wissen also schon, wenn wir ein Angebot machen, ob sich es sich um ein für alle Beteiligten sinnvolles Unterfangen handelt. Nur so können wir die sehr hohe Kundenzufriedenheit erarbeiten, derer wir uns nachweislich erfreuen.