Siemens-Skandal: Die Autobiografie eines Unschuldigen

Auch in seiner Autobiografie beteuert der ehemalige Siemens-Chef Heinrich von Pierer, dass er von dem weit verzweigten, hochkomplexen System der schwarzen Kassen nichts gewusst habe. “Gipfel-Stürme” heißt die Autobiografie, die die Ullsteintochter Econ am 18. Januar in die Buchläden und zu den Versendern ausliefern wird.

Von Pierer will nicht nur von den unlauteren Kassen – in die in den Jahren zwischen 1999 und 2006 rund 1,3 Milliarden Euro geflossen sind – nichts gewusst haben, sondern beklagt sich außerdem über eine Art Hausverbot bei Siemens.

Der Konzern habe, wie von Pierer in seiner Autobiografie behauptet, ihm schriftlich mitgeteilt, dass er die Räumlichkeiten des Münchener Unternehmens nicht mehr nutzen dürfe. Faktisch handle es sich dabei um ein Hausverbot. Und das, obwohl ihm zugesichert wurde, dass von Pierer auch nach seinem Amtsende Fahrer und Büro weiterhin nutzen dürfe, wie die Welt am Sonntag aus dem Buch zitiert.

Wie Agenturen berichten, weist Siemens jedoch Berichte über ein Hausverbot gegen von Pierer zurück. Für von Pierer gelte, was auch für andere ehemalige Vorstände gelte. Kein Alt-Vorstand gehe nach eigenem Ermessen an dem früheren Wirkungsbereich ein und aus, erklärte ein Unternehmenssprecher. Darauf sei auch Herr von Pierer mit seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen hingewiesen worden, heißt es weiter.

Unter seiner Leitung wurde das System der schwarzen Kassen bei Siemens installiert, um im In- und Ausland wichtige Aufträge zu sichern. Von Pierer war in den Jahren von 1992 bis 2005 Vorstandsvorsitzender bei Siemens. Die Aufarbeitung dieses Korruptionsskandals kostete das Unternehmen insgesamt rund 2,5 Milliarden Euro. Heute spricht man von einem der größten Korruptionsskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Von Pierer sieht bis heute lediglich eine “politische Verantwortung” für diesen Skandal. Auch eine Schadensersatzzahlung in Millionenhöhe als Vergleich mit Siemens will er nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen. Er habe laut Buch die Summe nur gezahlt, um eine “langwierige gerichtliche Fortführung der zermürbenden Auseinandersetzungen zu verhindern.” Er wollte also einen Schlussstrich unter der ganzen Sache ziehen.

Ähnliches wird sich wohl auch der ehemalige Siemens-Zentralvorstand Thomas Ganswindt wünschen. Mit Ganswindt wird der bislang höchste Siemens-Mitarbeiter vor Gericht stehen. Auch gegen den ehemaligen Zentralvorstand Uriel Sharef sowie gegen den ehemalige Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger bereitet die Staatanwaltschaft eine Klage vor, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Sharef und Neubürger sollen sich angeblich wegen dubioser Zahlungen in Argentinien verantworten müssen. Ganswindt habe, so der Vorwurf, von Transaktionen in Russland und Nigeria gewusst und nicht gehandelt.

Silicon-Redaktion

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