Politiker machen “Cyberwar” zur Chefsache
Die Gefahr eines “Cyberwar” war Schwerpunkt der Münchner Sicherheitskonferenz (4. bis 6. Januar). Deutsche Politiker kündigten konkrete Maßnahmen an – darunter ein “Nationales Cyber-Abwehrzentrum” und eine “Cyber-Sicherheitsstrategie”.
Ungefähr alle zwei bis drei Sekunden gebe es einen Angriff auf das deutsche Internet, von “Privaten, von Staaten, vom wem auch immer”, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gegenüber der Zeitung Die Welt. Etwa vier bis fünf Mal am Tag gebe es Angriffe auf das deutsche Regierungsnetz. “Dabei gehen wir, ohne es sicher beweisen zu können, von der Beteiligung von Nachrichtendiensten anderer Länder aus”, so de Maizière.
Im Jahr 2007 hatten Hacker in Estland tagelang die Computer von Banken und Behörden lahm gelegt. Auf die Frage “Kann das auch in Deutschland passieren?”, antwortete de Maizière: “Völlig ausschließen lässt sich so etwas nie. Das Internet ist inzwischen eine kritische Infrastruktur geworden. Das heißt, es muss wie Strom und Wasser immer verfügbar sein. Das Problem dabei: Das Internet ist international. ”
Zum besseren Schutz von Bevölkerung, Unternehmen und Behörden plant der Minister den Aufbau eines Nationalen Cyber-Abwehrzentrums. Dieses sei ein Teil einer umfassenden Cyber-Sicherheitsstrategie, die er derzeit mit anderen Ressorts abstimme und demnächst dem Kabinett vorlegen werde. Im Nationalen Cyber-Abwehrzentrum sollen das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), der Verfassungsschutz sowie weitere Behörden kooperieren. Die Federführung liegt beim Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
“Auch eine Schnittstelle zur Wirtschaft sollte es geben, um sich über Cyber-Angriffe auszutauschen”, sagte de Maizière. Die Wirtschaft habe in Sachen Schutz vor Cyber-Angriffen Nachholbedarf: “Was die Wirtschaft angeht, ist die Lage sehr unterschiedlich: Einige Unternehmen schützen sich vorbildlich, andere hingegen sind höchst leichtfertig.”
In München sprach auch Telekom-Chef Rene Obermann. “Allein im Dezember verzeichnete die Deutsche Telekom 200.000 Angriffe auf ihr Netz”, sagte er. Cyberwar werde künftig die dominierende Gefahr in der Sicherheitspolitik sein, so Obermann. Unternehmen müssten sich künftig radikal umorientieren und Sicherheit bereits bei der Planung von Netzen und Produkten einplanen. Zudem müssten Ersatznetze aufgebaut werden, um strategisch wichtigere Verbindungen aufrecht erhalten zu können.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte in München einen internationalen Pakt gegen Cyber-Angriffe. Wenn es nicht zu einer solchen Vereinbarung komme, drohe ein neues Wettrüsten zur Verteidigung gegen Cyber-Attacken. Die G8-Staaten sollten sich um das Thema kümmern, hieß es von de Maizière. In der EU habe man bislang eine “total zersplitterte Zuständigkeit”, so der Minister. Offen sei auch noch, wer in Sachen Cyber-Sicherheit Partner sein könne. So sei die Frage, ob ein Land wie China eingebunden werden solle, das hinter vielen Attacken vermutet werde.