Hat die Cloud Ihr Unternehmen verändert?
Es ist schon ein Weilchen her, dass wir unsere CIOs zum Thema Cloud Computing befragt haben. Im Dezember 2009 konnten sich nur wenige Jury-Mitglieder für das Thema begeistern. Der Einsatz entsprechender Technologien war nicht geplant. Mehr als ein Jahr später haben wir nachgehakt.
“Hat die Cloud Ihr Unternehmen verändert”, wollten wir von unseren Juroren wissen und haben sehr ausführliche Antworten bekommen. So viel sei vorab verraten: Die Rückmeldungen zeichnen ein recht einheitliches Bild.
“Im Bezug auf Cloud Computing und die damit verbundenen Veränderungen im Unternehmen muss für die vergangenen Jahre mit einem klaren Nein geantwortet werden”, schreibt Martin Michael, CIO bei Mondial Assistance. “Der Ansatz, Software nutzungsabhängig zur Verfügung zu stellen, stellt durchaus ein Potenzial zu Kosteneinsparung und Reduktion von Komplexität für das Unternehmen dar – es birgt aber auch die Risiken unumkehrbarer Abhängigkeit. Aus meiner Sicht liegt der Vorteil des Cloud Computing vor allem im Bereich komplexer Anwendungen, die selten oder partiell benötigt werden, dann kann darauf verzichtet werden, selbst große Infrastrukturen aufzubauen, für Anwendungen die nur wenig oder selten genutzt werden.”
Das Thema Risiken beschäftigt auch Herbert Schöfbänker, CIO bei der österreichischen Firma ABAX Informationstechnik: “Cloud-Services sind aufgrund ihrer Kostenstruktur in Unternehmen zwischen 10 und 150 Mitarbeiter sinnvoll. 24 Stunden Verfügbarkeit dieser Services machen diese sehr attraktiv. Allerdings stellt man sich die Frage – trotz 128 oder 256 Bit Verschlüsselung – vor allem beim ‘Hosted Exchange Service’ – wo liegen denn meine Daten, in Amerika, Europa oder wo auch immer? Wer kann denn alles auf meine Daten zugreifen? Welche Probleme ergeben sich dadurch? Ich denke, hier ist noch ein wenig Pionierarbeit der Anbieter zum “Beruhigen” der Käufer notwendig.”
Aktuelle IDC-Zahlen belegen: Virtualisierung ja, Cloud nein.
Foto: IDC
Und obwohl der Begriff ‘Cloud’ nun seit rund zwei Jahren in aller Munde ist, ist längt noch nicht geklärt, was genau er eigentlich umschreibt. Darauf verwies unter anderem Pharmaserv-CIO Wolfgang Kuhl, der auf die Frage, ob die Cloud sein Unternehmen verändert hat, antwortet: “Eigentlich nicht, aber da die Marketingleute der IT-Branche den Begriff Cloud durch ihren inflationären Gebrauch mittlerweile fast schon sinnentleert haben, könnte ich auch genauso gut mit Ja antworten.”
Fressnapf-CIO und silicon.de-Blogger Bernd Hilgenberg unterscheidet derweil präzise zwischen den inzwischen etablierten Begriffen Private beziehungsweise Public Cloud. “Bei uns hat die Cloud noch nichts verändert beziehungsweise ist dabei alles zu verändern. Diese auf den ersten Blick widersprüchliche Aussage klärt sich auf, wenn der Begriff Cloud weiter spezifiziert wird. Die so genannte ‘Public Cloud’ hat auf unsere Arbeit keinen Einfluss. Dazu sind aus unserer Sicht diese Konzepte in ihrem Reifegrad noch nicht für einen Einsatz im Unternehmen geeignet. Die ‘Corporate Cloud’ hingegen ist bei uns bereits Realität und verändert den Umgang mit IT schrittweise. Die Zentralisierung von Diensten in einem geschlossenen Umfeld zur optimalen Erbringung von Services ist ein Trend, dem wir bereits gefolgt sind, als es den Begriff des Cloud Computing noch nicht gab. Aus diesem Grunde bejahen wir den Ansatz des Cloud Computing. Allerdings nur innerhalb der Grenzen, die aus unserer Sicht heute sicher und wertschöpfend für unser Unternehmen sind.”
Unsere Umfrage scheint also zu bestätigen, was auch aktuelle IDC-Zahlen zum Thema belegen. Gerade im Backend, sowie bei Storage und Netzwerk ist die Virtualisierung in den meisten Unternehmen weit vorangeschritten. Hintergrund dafür ist die notwendige und logische Weiterentwicklung der Infrastruktur – unabhängig von dem viel strapazierten Begriff Cloud.
Vor diesem Hintergrund überlassen wir – etwas untypisch für die silicon.de CIO Jury – das Schlusswort diesmal Larry Ellisson. Wolfgang Kuhl hat uns freundlicherweise auf ein Zitat des Oracle-CEOs aufmerksam gemacht, das aus dem Wall Street Journal im September 2008 stammt: “The interesting thing about Cloud Computing is that we’ve redefined Cloud Computing to include everything that we already do…I don’t understand what we would do differently in the light of Cloud Computing other than change the wording of some of our ads.”