In der Kategorie Kommunikation wurden Apple und Facebook bedacht. Apple erhielt den Preis “für die Geiselnahme der Kunden mittels teurer Hardware und die darauf folgende Erpressung, den firmeneigenen zweifelhaften Datenschutzbedingungen zuzustimmen”. Wer sich für mehrere hundert Euro ein neues iPhone gekauft habe, wolle es auch nutzen. Die Kunden hätten jedoch keine andere Wahl, als den 117 iPhone-Display-Seiten mit Datenschutzbedingungen zuzustimmen, denn sonst könnten sie ihr Gerät maximal zum Telefonieren nutzen. Insbesondere die Lokalisierungs- oder Standortdaten der Nutzer würden von App-Betreibern und Werbekunden genutzt, um speziell zugeschnittene Werbung zu platzieren.
Facebook wurde für die “gezielte Ausforschung von Menschen und ihrer persönlichen Beziehungen hinter der netten Fassade eines vorgeblichen Gratisangebots” ausgezeichnet. Die gesammelten Daten speichere Facebook in den USA – Zugriff für Geheimdienste sei möglich, Löschen nicht vorgesehen. Per ‘Freundefinder’ und ‘Handy-App’ eigne sich Facebook Telefonnummern und Mail-Adressen aus den Adressbüchern der Nutzer an. Der ‘Gefällt-mir’-Button auf fremden Webangeboten verpetze auch ohne Anklicken alle Besucher der Seite an Facebook. Mit Facebook wuchere eine Art zentrale ‘Gated Community’ im Netz, in der Menschen auf Schritt und Tritt beobachtet würden. “Hier herrscht die Willkür eines Konzerns und der verdient mit systematischen Datenschutzverstößen Milliarden.”
Ein BigBrotherAward in der Kategorie Arbeitswelt ging an die Daimler AG für die Praxis, flächendeckend Bluttests von ihren Produktionsmitarbeitern zu fordern. Diese “Form von modernem Vampirismus” erfolge ohne Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte und meist ohne arbeitsrechtlich erforderlich zu sein, hieß es. Ursprünglich habe Daimler diese Bluttests auch von ihren Verwaltungsmitarbeitern gefordert – das wurde allerdings inzwischen wieder eingestellt.
Der Deutsche Zoll erhielt einen weiteren BigBrotherAward in der Kategorie Arbeitswelt. Der Zoll lasse sich von Russland instrumentalisieren, indem er von deutschen Unternehmen verlange, ihre Beschäftigten mit russischen Antiterrorlisten abzugleichen. Diese Listen würden vom Geheimdienst FSB (ehemals KGB) erstellt. Im Ergebnis würden etwa Energieunternehmen, die ihre Mitarbeiter nach den Vorgaben überprüfen, bei der Lieferung von Energie bevorzugt.
In der Kategorie Technik wurde die Modemarke Peuterey ausgezeichnet, vertreten durch die Düsseldorfer Modeagentur Torsten Müller. Peuterey erhält die Negativ-Auszeichnung, weil die Marke “Kleidung mit verdeckt integriertem RFID-Chip in Verkehr bringt”, der berührungslos auslesbar sei, ohne dass die Kunden das bemerken. Die Applikation, die den “Schnüffelchip” enthält, wurde – ohne Hinweis auf den verborgenen Chip – mit dem Satz “Don‘t remove this label” bedruckt. Damit wurde in die informationelle Selbstbestimmung der Kunden eingegriffen, so die Jury.
Der BigBrotherAward in der Kategorie ‘Behörden und Verwaltung’ ging an den Vorsitzenden der Zensuskommission Prof. Dr. Gert G. Wagner für die als Zensus2011 bezeichnete Vollerfassung der Bevölkerung Deutschlands. Er erhalte den Preis stellvertretend für alle Beteiligten, hieß es. Mit der Volkszählung würden Persönlichkeitsprofile von über 80 Millionen Menschen erstellt, die bis zu vier Jahre nach dem Stichtag am 9. Mai 2011 personenbezogen verfügbar seien. Dabei würden Daten aus Melderegistern, von der Bundesagentur für Arbeit und bundesbehördlicher Arbeitgeber zweckentfremdet, ohne dass die Betroffenen ausreichend darüber informiert würden oder dem widersprechen könnten.
In der Kategorie Verbraucherschutz wurde der Starnberger Verlag für Wissen und Innovation für das “Abschöpfen von Adressen als Gegenleistung für Büchergutscheine” ausgezeichnet. Der Verlag, von dem man im Handel keine Bücher kaufen könne, der aber Geschäftsbeziehungen zu einem Vitaminpillenhersteller und Finanzdienstleistern unterhalte, lasse Schulen in seinem Namen Büchergutscheine an Kinder verteilen. Die “Geschenke” bekomme man aber nur, wenn man Namen und Anschrift des Kindes und mindestens eines Elternteils zurück melde. Die Jury der BigBrotherAwards hielt diese Praxis für besonders kritikwürdig, weil Schulen nicht als Datenpools für die Wirtschaft missbraucht werden dürften. (Laut telefonischer Aussage des Inhabers hat der Verlag vor einem Monat seine Tätigkeit eingestellt.)
Den BigBrotherAward in der Kategorie Politik erhielt der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) für den “ersten nachgewiesenen polizeilichen Einsatz einer Mini-Überwachungsdrohne bei politischen Versammlungen”. Während der Demonstrationen und Protestaktionen gegen den Castor-Transport im Wendland im November 2010 hätten insgesamt vier Mal so genannte “fliegende Augen” die Demonstranten ausgespäht. Diese höchst umstrittene Überwachungsmaßnahme aus der Luft könne Persönlichkeitsrechte von Betroffenen verletzen sowie einschüchternde und abschreckende Wirkung auf die Versammlungsteilnehmer haben.
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