Cloud: “Einfacher, als viele befürchten”


Walter Denk

silicon.de: PC-Ware wurde 1990 in Leipzig gegründet. Ein früherer Versuch des Firmengründers Knut Löschke, sich selbstständig zu machen, soll am damaligen DDR-Monopolisten Robotron gescheitert sein. Wer macht PC-Ware heute das Leben schwer?

Denk: Der Mangel an Nachwuchs! Gute Fachleute zu bekommen, ist – wie bei vielen unserer Marktbegleiter – derzeit eine unserer größten Herausforderungen. Der Markt hat sich erholt und unsere Auftragsbücher sind voll. Daher sind IT-Fachkräfte begehrter denn je. Das heißt, wir müssen uns in noch stärkerem Maße als attraktiver Arbeitgeber positionieren.

silicon.de: A propos attraktiver Arbeitgeber. PC-Ware gehört seit 2009 zu Raiffeisen Informatik. Gegen die Bündelung des Software-Geschäftes bei PC-Ware und des Data-Center-Geschäfts bei der PC-Ware-Tochter Comparex gab es in der Belegschaft Widerstand. Wie ist die Beziehung zwischen Management und Mitarbeitern heute?

Denk: Im vergangenen Jahr haben wir außerordentlich viel erreicht. Neben dem Umbau der deutschen Organisation mit einer noch stärkeren Ausrichtung hin zur Kundenberatung ist es uns gelungen, den besten Jahresumsatz in der Geschichte des Unternehmens zu erzielen. Das war nur machbar, weil alle Mitarbeiter gemeinsam mit dem Management an einem Strang gezogen haben und von der Zukunft unseres Unternehmens überzeugt sind.

silicon.de: Im Januar 2011 hat PC-Ware die Börse – den General Standard der Frankfurter Börse – verlassen. Warum hat sich der Eigentümer zu diesem Schritt entschlossen?

Denk: Eine Börsennotierung ist nur für Unternehmen mit mehreren Aktionären sinnvoll. Unsere Anteile liegen zu 100 Prozent in den Händen unseres Mutterkonzerns, der Raiffeisen Bankengruppe. Wir sparen dadurch die Kosten ein, die mit der jährlichen Hauptversammlung und den umfangreichen Publizitätspflichten einer AG einhergehen. Außerdem haben wir an Flexibilität gewonnen, weil wir keinen kapitalrechtlichen Regularien entsprechen müssen, etwa Ad-hoc- oder Insider-Informationspflichten.

silicon.de: Manche Unternehmen kehren ja an die Börse zurück…

Denk: Das ist richtig, für uns derzeit aber kein Thema.

silicon.de: PC-Ware bezeichnet sich heute als “Cloud-Enabler”. Wird die Cloud die klassische IT ersetzen?

Denk: Wir sehen in der Cloud keine Alternative zur klassischen IT, sondern vielmehr eine Ergänzung. Cloud Computing ermöglicht es Unternehmen in erster Linie, Infrastruktur einzusparen und ihre Services auszubauen, ohne die dafür erforderlichen zusätzlichen IT-Ressourcen vorhalten zu müssen.

silicon.de: Und was verstehen Sie unter “Cloud-Enabler”?

Denk: Als Cloud-Enabler für die Cloud-Typen Infrastructure-as-a-Service (IaaS), Platform-as-a-Service (PaaS) und Software-as-a-Service (SaaS) verfolgt PC-Ware drei Ansätze. Zum einen helfen wir Endkunden dabei, eine private Cloud im eigenen Rechenzentrum aufzusetzen. Zum anderen unterstützen wir Service Provider, eine Public Cloud zu implementieren. Zudem greifen wir Endkunden unter die Arme, wenn diese zu einer Public-Cloud-Infrastruktur migrieren wollen.

Unter ‘Cloud Enablement’ verstehen wir unter anderem die Beratung von Kunden zu den Vor- und Nachteilen von Cloud-basierten Anwendungen. Außerdem analysiert PC-Ware, welche Applikationen sich auf eine Cloud-Plattform portieren lassen. Hinzu kommen weitere Dienstleistungen, etwa Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Hilfe bei der Entwicklung von Cloud-gestützten Anwendungen auf Grundlage von Microsofts ‘Azure’-Plattform und den ‘Sharepoint-Online-Services’ sowie die Schulung der IT-Fachkräfte des Anwenders. Auf Wunsch übernimmt PC-Ware außerdem den Aufbau und Betrieb einer Cloud-Infrastruktur und bietet den entsprechenden Support.

silicon.de: Welche Cloud-Lösungen fragen die Kunden derzeit vor allem nach?


Grafik: Deloitte

Denk: Unsere Kunden fragen gegenwärtig Public Clouds nur dann an, wenn es sich um Software-as-a-Service handelt, also einzelne Applikationen wie Fachverfahren. Diesen Trend bestätigt übrigens eine Umfrage von Deloitte. Sobald es in datenschutzrelevante Bereiche geht, gibt es große, auch gesetzesbedingte, Vorbehalte.

Viel interessanter ist jedoch, wie ein Anwender die eigene IT-Infrastruktur so reifen lassen kann, dass sie “Cloud-ready” wird, er also eine Private Cloud aufbauen kann. Und das geht einfacher, als viele befürchten.

silicon.de: Stichwort Cloud-ready. Wann sind bestehende Anwendungen für die Cloud ungeeignet?

Denk: Ungeeignet sind Applikationen, deren Nutzdaten nicht ebenfalls in der Cloud liegen dürfen. Das kann mit Datenschutzbestimmungen oder im Steuerrecht begründet sein. Die Performance von Cloud-Anwendungen kann nur dann gewährleistet werden, wenn beide Komponenten, also Applikation und Daten, in einem Rechenzentrum liegen.

silicon.de: Können Sie den Nutzen einer Umstellung auf die Cloud im Einzelfall auch quantifizieren?

Denk: Der Umstieg auf die Cloud bringt vor allem ein deutliches Plus an Flexibilität und Dynamik. Während sich alle IT-Konzepte bislang auf das Reduzieren von Kosten bezogen, geht es bei Cloud Computing darum, schneller und individueller auf Anforderungen reagieren zu können. Dies lässt sich mit der Mobiltelefonie vergleichen: Als die Handys aufkamen, fragte keiner nach Kostenreduktion, sondern jeder Nutzer wollte die Flexibilität des ungebundenen Telefonierens. Einen ähnlichen Ansatz bietet Cloud Computing: die bedarfsgerechte Bereitstellung. Wie hoch der Nutzen ist, hängt im Einzelfall von den Anforderungen des Nutzers ab.

silicon.de: Welche aktuellen PC-Ware-Projekte sind Ihnen besonders wichtig?

Denk: Wir implementieren etwa für einen nationalen Anbieter von Rechenzentrums-Dienstleistungen eine Desktop-as-a-Service-Infrastruktur. Die besondere Herausforderung besteht hier zum einen darin, die Mandantenfähigkeit sicherzustellen – also die völlige Trennung der Desktop-Umgebungen der Kunden des Service-Providers. Hinzu kommt die Integration von branchenspezifischen Applikationen bei einem branchenübergreifenden Angebot. Hier greifen wir auf unsere Erfahrungen im Bereich Applikationsvirtualisierung und automatische Kompatibilitätstests zurück. Das wird uns in den nächsten Monaten begleiten. Generell ist es uns wichtig, unseren Kunden zu zeigen, dass das Thema Cloud Computing eine sinnvolle Alternative zu ihrer eigenen IT-Infrastruktur sein kann.

Silicon-Redaktion

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