“Locationgate”: Nach Apple nun Microsoft im Fokus
Neue Entwicklungen in Sachen “Locationgate“: Neben Apple steht nun auch Microsoft im Fokus des Interesses. Angeblich hat Apple-CEO Steve Jobs in die Diskussion eingegriffen. Zwei Apple-Nutzer haben das Unternehmen verklagt.
Alasdair Allan und Pete Warden hatten in der vergangenen Woche berichtet, dass iPhone und iPad 3G unter iOS 4 unter anderem die Bewegungsdaten ihrer Besitzer aufzeichnen. Die Daten fänden sich auf jedem Computer, der mit einem iOS-Gerät abgeglichen werde. Sie würden “unverschlüsselt und ungeschützt” in einer Datei namens “consolidated.db” gespeichert.
Allan und Warden kritisierten, die Nutzer wüssten nicht, dass in diesem Umfang Daten gesammelt und gespeichert würden. Zum anderen sei unklar, warum die Daten erfasst werden. Allan und Warden wiesen darauf hin, dass Mobilfunkanbieter zwar ebenfalls über Standortdaten ihrer Kunden verfügen, diese aber nur auf richterliche Anweisung herausgeben dürfen.
Apple stand für eine Stellungnahme bislang nicht zur Verfügung. Bisher liegt auch keine Erklärung des Unternehmens zu dem Bericht von Allan und Warden vor. Laut MacRumours soll Apple-CEO Steve Jobs angeblich in einer E-Mail an einen Leser erklärt haben, sein Unternehmen sammle keine Nutzungsdaten. Die Berichte seien falsch. Die E-Mail wurde von einem iPhone aus gesendet. Apple hat weder bestätigt noch dementiert, dass sie wirklich von Jobs stammt.
Derweil interessiert sich die Öffentlichkeit auch für Microsofts Umgang mit den Standortdaten, die Geräte mit Mobilbetriebssystem Windows Phone 7 sammeln. Das Betriebssystem wird von Herstellern wie Dell, HTC, LG, Nokia und Samsung verwendet. Die Software auf diesen Telefonen sendet eine Aufstellung mit Daten an Microsoft, zu denen eine eindeutige Gerätekennung, Daten über benachbarte WLANs und die Standortinformationen des eingebauten GPS-Moduls gehören.
Bislang hat noch kein Microsoft-Vertreter auf von CNET vorgelegte Fragen geantwortet. Deshalb gibt es keine offiziellen Angaben darüber, wie lange die Standorte gespeichert werden und wie oft die Telefone ihren momentanen Aufenthaltsort über das Web senden. Microsoft versichert lediglich, dass die Daten nicht auf dem Telefon selbst abgelegt werden. iPhone und iPad halten die Standorte von WLAN-Hotspots dagegen auf dem Gerät selbst fest. Dadurch können Standortdaten gespeichert werden, die mehr als ein Jahr zurückreichen. Mit Googles Android-System wird nur etwa ein Dutzend Standorte gesichert.
Laut einer offiziellen Hilfeseite für Windows Phone hat Microsoft eine Datenbank mit “den Standorten bestimmter Mobilfunkzellen und WLAN-Access-Points” angelegt. Mit diesen Informationen könnten Mobilgeräte ihre Standorte schneller und mit weniger Stromverbrauch ermitteln, als wenn sie dafür GPS-Empfänger benutzten. Microsoft schreibt, dass die alleinige Benutzung von GPS “durch erhöhte Datengebühren und kürzere Akkulaufzeiten” negative Auswirkungen auf den Benutzer des Mobiltelefons habe.
Wer standortbasierte Dienste nutzen will, muss seinen Standort zum Anbieter übertragen. Bedenklich aus der Sicht des Datenschutzes wird das, wenn die Daten einer eindeutigen Gerätekennung zugeordnet werden. So können Unternehmen die Bewegungen eines Anwenders über längere Zeit beobachten. Eine mögliche Abhilfe wären temporäre, zufällig erzeugte Gerätekennungen. Microsoft beteuert, dass die Standortdaten nur übertragen werden, wenn der Benutzer die standortbasierten Dienste aktiviert. Es gebe eine Option, mit der man diese Funktionen generell ausschalten könne.
Laut Microsoft überträgt das Betriebssystem die MAC-Adresse (Media Access Control) des jeweiligen WLAN-Access-Points, dessen Signalstärke und eine zufällig erzeugte, eindeutige Gerätekennung, die für eine unbestimmte Zeit erhalten bleibt. Sollte auf dem Gerät das GPS eingeschaltet sein, werden auch noch die Standortdaten, die Bewegungsrichtung und die -geschwindigkeit gesendet. Die Daten gingen nur dann über das Netz, wenn “eine Applikation oder der Anwender Standortinformationen anfordern”.
Mit der Sammlung von Standortdaten bewegt sich Microsoft auf gefährlichem Gebiet. Google und Apple sind deshalb für den 10. Mai zu einer Anhörung des US-Senats geladen. Auch die Justizministerin von Illinois hat wegen der Sache um eine Zusammenkunft mit Vertretern der Firmen gebeten.
Zwei Besitzer von Apple-Produkten haben Apple nach einem Bericht von Bloomberg bei einem Gericht in Florida verklagt. Sie werfen dem Unternehmen Verstöße gegen Datenschutzgesetze sowie den Computer Fraud and Abuse Act vor – da ihre mobilen Apple-Geräte ihre Bewegungsdaten aufzeichnen, ohne dass es eine Möglichkeit gäbe, diese Funktion abzuschalten.
Vikram Ajjampur und William Devito berufen sich in ihrer Klage auf die Erkenntnisse, die Allan und Warden in der vergangenen Woche veröffentlicht hatten. Die Kläger fordern Schadenersatz in nicht genannter Höhe und eine einstweilige Verfügung, die Apple das Aufzeichnen der Standortdaten untersagt. Darüber hinaus soll Apple dazu gezwungen werden, die Funktion mit dem nächsten Update für iOS zu deaktivieren. “Nutzern von iPhones und iPads war nicht bekannt, dass ihre Positionsdaten aufgezeichnet werden”, heißt es in der Klage. Sie hätten auch nie ihre Zustimmung dazu erteilt. Apple sammele die Informationen heimlich, in betrügerischer Absicht und unter Umgehung von Gesetzen .
Das Unternehmen habe die umfassende Datensammlung weder in den iTunes-Nutzungsbedingungen erwähnt, noch biete es Nutzern die Möglichkeit, dieser Praxis zuzustimmen. “Wenn Apple die Nutzung seiner Produkte verfolgen möchte, dann hätte es eine Einwilligung einholen sollen.” Die Enthüllungen von Allan und Warden hätten Verbraucher in den USA alarmiert und schockiert, behaupten die Kläger.
Nutzer, die prüfen wollen, ob sie von ihrem iPhone oder iPad ausgespäht werden, können eine von Allan und Warden entwickelte Anwendung namens iPhone Tracker kostenlos herunterladen. Die Open-Source-Applikation stellt alle gefundenen Standortdaten auf einer Karte dar. Sie läuft allerdings nur unter Mac OS X.
Wer nicht möchte, dass standortbezogene Daten abgespeichert werden, kann dazu den Ortungsdienst deaktivieren. Allerdings funktionieren dann zahlreiche Apps nicht mehr, die ihre Dienste nur anbieten können, wenn sie den Aufenthaltsort des Smartphones kennen. Wer zudem personalisierte Werbung ablehnt, kann das entsprechende Gerät mit dem Browser bei https://oo.apple.com/ abmelden. Dies muss für jedes iOS4-Device einzeln durchgeführt werden.