Jeder zehnte Rechner soll ja schon infiziert sein. Das Ganze ist also nichts Besonderes mehr. Da fragt man sich halt schon, ob es so was auch gibt: ganz außergewöhnliche Bot-Netze. Es gibt.
Das iNet beispielsweise. Das ist das schickste. Das Besondere daran: Der Trojaner ist bereits ab Werk installiert und bringt dem iHerder jede Menge Geld ein.
100 Millionen Dollar, so hört man, seien mit dem Coreflood-Netz, das das FBI jetzt ausgehoben hat, ergaunert worden sein. Mit solchen Kleinbeträgen gibt sich der iTrojan selbstverständlich nicht ab. Er macht Milliarden.
Kreditkartennummern greift er denn auch gar nicht erst ab. Die geben die User schließlich bei Bedarf selbst ein.
Der Phone- und Pad-Zombie sammelt nur wirklich wertvolle Daten, vor welcher exquisiten Boutique der Nutzer steht, etwa, und mit welcher Social-Engineering-Masche man ihn da hineinlocken könnte. Ganz allgemein: Alles, was zur ID eines High-end-Consumers gehört.
Zu Beginn eines jeden Jahres gibt’s Updates für die Spy-i-ware – aus Kalifornien. Dort befindet sich der Command-and-Control-Server.
Bereits zuvor werden gezielt Zero-Day-Exploits über das Internet verbreitet. Auch deshalb hat der Auftritt des charismatischen iHerder jedes Mal etwas von einem Hochamt an sich.
Was zum nächsten wirklich bemerkenswerten Bot-Netz führt, jenem, das seine Hirten seit nunmehr fast 2000 Jahren von Rom aus steuern. Wahrscheinlich leitet sich von ihnen der Begriff “Bot-Herder” her. So viel unbegreifliche Macht hätten die anderen, die bösen Hirten auch ganz gerne.
Aber das geht mit rein technischen Mitteln nicht. Weshalb man denn auch von den Bots dieses virtuellsten aller Netze gerne als von “Schäfchen” spricht.
In Wahrheit aber sind es arme Zombies. Wirklich zum Leben erwachen, also vital sein und na, ja… das dürfen sie nur, um sich zu verbreiten. Der Roman Herder versucht deshalb auch mit allen Mitteln zu verhindern, dass auf der Hardware Silikon-basierte Schutz-Software installiert wird.
Am vergangenen Wochenende hat er wieder neue Commands an seine Schäfchen in aller Welt geschickt. Das Programm ist ja faszinierend: Drei Instanzen bilden eine Einheit. Und fällt eine aus, ist sie am übernächsten Tag mit Sicherheit schon wieder live.
Und dann gibt’s noch andere Netze, die erwähnenswert sind. Nicht, weil sie etwas Besonderes wären. Sie sind im Gegenteil sehr gewöhnlich. Aber sie haben allen anderen den Namen gegeben. “Bot” kommt vom tschechischen “Robot”. Und das meint jemanden, der hart arbeiten muss.
Diese Netze sind streng hierarchisch und gleichzeitig nach dem Peer-to-Peer-Prinzip aufgebaut. Das heißt: Jeder Abteilungsleiter-Zombie gibt gerne den großen Command-and-Control-Server. Der gemeine Bot hingegen, führt tunlichst die Befehle seiner Herder performant aus.
Die hätten ihn ebenfalls gerne als Schäfchen. Wichtig aber ist ihnen vor allem, ihn als Arbeitstier zu nutzen.
Neuerdings vermieten sie Robots auch für allerlei schmutzige Jobs. Das ist ja bei anderen Herdern ebenfalls eine beliebte Methode, um Geld zu machen.
Und manchmal – Sonntags – da soll der Robot dann auch noch auf Stimmvieh machen. Aber nicht an diesem Sonntag. Da ist nämlich 1. Mai. Das Hochamt für die Robots, vergleichbar dem der iBots im Januar.
Bloß die Begeisterung ist am 1. Mai nicht so groß. In den Keynote-Speeches wird zwar mächtig auf Scareware gemacht. Und Denial-of-Service-Attacken werden angedroht oder – um es in der von mechanischen Bildern geprägten Sprache der IT zu formulieren: Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will. Aber jeder weiß: Das ist nur ein Hoax.
So, genug der Andeutungen. Was den Schreiber vor diesem Wochenende vor allem umtreibt, ist die Vorfreude darauf, alle seine alten Kumpels am Sonntag wiederzutreffen.
Nicht bei den Keynote-Speeches, versteht sich. Da sind diesmal sogar wieder römische Hirten dabei. Nein, lieber erst beim anschließenden 1.-Mai-Fest.
Alle werden sie wieder kommen. Der Kalle. Der arbeitet als “Finanzberater”, also als Phishing-Trojaner. Und die Senta. Die ist in einer Agentur beschäftigt, quasi als Spam-Bot.
Und vor allem der Ludwig, s’Wiggerl. Das ist ein prekärer Dialer – auf 400-Euro-Basis im Call-Center. Dem bringt immer jeder, der holen geht, ein Bier mit, weil’s Wiggerl ist natürlich ständig knapp und gerade deswegen am 1. Mai schnell gut drauf.
Und dann singt er immer, was man ihm im Job-Center beigebracht hat, das hohe Lied auf die Eigeninitiative und die Arbeitsamkeit. Er wählt dazu stets die prächtigsten Worte, in die dies je gefasst wurde: “Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun.” Und: “Die Müßiggänger schiebt beiseite.”
Aber bevor er dann zum zweiten Mal “Wacht auf” anstimmen kann, ist er meist schon am Biertisch eingeschlafen. – Na, ja, manchmal tät man sich’s ja wirklich anders wünschen. Aber `s wird trotzdem auch diesmal wieder bestimmt recht schön.
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