Elektroschrott: “Da stehen einem die Haare zu Berge!”
Jeder Europäer produziert 20 Kilogramm Elektroschrott pro Kopf und Jahr. Diese Zahl hat das EU-Parlament kürzlich genannt und gleichzeitig die Elektroschrott-Richtlinie überarbeitet. Doch höhere Sammelquoten allein sind keine Lösung, gerade beim Recycling läuft derzeit noch viel schief.
Eine der großen Herausforderungen ist es, Elektroschrott gewinnbringend aufzubereiten – ohne dadurch die Gesundheit der Mitarbeiter in den entsprechenden Fabriken oder die Umwelt zu gefährden. Betroffen davon sind meist Länder in Afrika und Asien, dort landet aktuell der Großteil der Elektro-Abfallströme aus den Industriestaaten. US-Kollege Martin La Monica ist auf der Suche nach einer Ausnahme, auf die Firma Metech Recycling in Worcester im US-Bundesstaat Massachusetts gestoßen.
Im Gegensatz zu anderen Firmen, die in aufwändige Maschinen und Anlagen investiert haben, wird dort viel von Hand erledigt. Das hat Vorteile: So kann Metech seinen Abnehmern besser verwertbare Ware liefern. Das Geschäftsmodell könnte auch ein Vorbild für Europa sein.
Kürzlich beschloss das EU-Parlament in Brüssel eine Neufassung der Elektroschrott-Richtlinie aus dem Jahr 2003. Demnach soll die Sammelquote in zwei Schritten erhöht werden: In vier Jahren sollen 45 Prozent des Elektroschrotts recycelt werden, in acht Jahren 65 Prozent. Derzeit werden nur etwa 30 Prozent der Elektrogeräte wiederverwertet.
“Das Parlament hat klargemacht, dass Behörden, Hersteller und Verbraucher ihren Beitrag dazu leisten sollen, dass mehr elektrische und elektronische Altgeräte eingesammelt und wiederverwertet werden”, so CDU-Umweltpolitiker Karl-Heinz Florenz, der im Parlament den Gesetzestext federführend erarbeitet hat. Er hat sich in der Vergangenheit auch immer wieder dafür stark gemacht, dass Elektromüll nicht mehr illegal in Entwicklungsländer exportiert wird und dort Schäden anrichten kann.
Nach EU-Angaben werden große Mengen an Altgeräten fälschlich als “wiederverwendbar” deklariert und illegal zur Behandlung in Entwicklungsländer exportiert. Oft werden sie dort unter unsicheren Bedingungen teils sogar von Kindern, wiederverwertet.
“Da stehen einem die Haare zu Berge! Wir haben Erkenntnisse aus Ländern mit großen Häfen, da wurden 420 Container mit hochwertigem Elektronikschrott geprüft, und davon waren 360 illegal”, sagt Florenz in seinem Bericht vor dem Europäischen Parlament. “Unsere Kinder werden uns ganz unangenehme Fragen stellen, wenn wir das nicht endlich stoppen, denn in einer Tonne Platinen sind 200 Gramm Gold und in einer Tonne Erz sind 2 Gramm Gold. Das können wir uns in Zukunft nicht leisten, und ich hoffe, dass das Bewusstsein der Bürger auch für diese ökonomischen Fragen nun endlich besser wird.” Das, was gesammelt wird, soll nach dem Willen von Florenz deshalb künftig verstärkt in Europa verarbeiten werden.
Nach Angaben von EU-Diplomaten sind die skandinavischen Länder heute mit fast 65 Prozent Spitzenreiter beim fachgerechten Sammeln von Elektroschrott. Am schlechtesten stehen die neuen Mitgliedstaaten in Osteuropa da, für die deshalb eine Sonderregel vorgesehen ist. Deutschland hat insgesamt eine Sammelquote von knapp 40 Prozent.
E-Schrott aus Haushalten ist bei Recyclern übrigens weniger begehrt als “Firmen-Schrott”, da er in der Regel weniger wertvolle Materialien beinhaltet und zudem schwerer zu demontieren ist. Dennoch: Aus einer Tonne Mobiltelefonen lassen sich laut Experten bis zu 150 Gramm Gold gewinnen. Zum Vergleich: Bei einer Tonne Golderz sind es im Durchschnitt nur 5 Gramm.