In der Praxis funktioniert NFC so: Kommt ein mit NFC-Chip ausgestattetes Mobiltelefon in die Nähe eines Lesegerätes, können beide über eine drahtlose Schnittstelle bis in etwa 50 Zentimeter Entfernung kommunizieren. Als typische Distanz gilt 10 Zentimeter. Bei den übertragenen Informationen kann es sich etwa um Kreditkartendaten, den Strichcode eines Gutscheins oder auch eine Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr handeln.

Der Suchprimus hat Wallet zusammen mit dem Gutscheinprogramm “Offers” auf den Markt gebracht. Nach Angaben von Stephanie Tilenius, Vizepräsidentin des Bereichs Commerce bei Google, kombinieren die beiden Dienste Zahlungen per Handy, Coupons und Rabatte. Nutzer von Wallet und Offers erhalten Rabattgutscheine für Produkte, die sie regelmäßig kaufen – per E-Mail oder direkt auf ihr Smartphone. Nach Angaben des Branchendienstes NFC Times ist Google daran interessiert, Daten aus NFC-Transaktionen zu sammeln und an Geschäftspartner weiterzugeben. Diese könnten dann ihre Werbekampagnen online und offline besser abstimmen.

Das erste Mobiltelefon, das die neuen Dienste aufgrund eines integrierten NFC-Chips von NXP unterstützt, ist Googles Android-Modell Nexus S. Mit ihm lassen sich Zahlungen über das PayPass-System von MasterCard ausführen. Die Markteinführung des Bezahldiensts hat Google für den Sommer angekündigt. Bis dahin laufen Tests in San Francisco und New York. Zu den Händlern, die Wallet unterstützen, zählen das Bekleidungshaus American Eagle Outfitters, die Kaufhauskette Macy’s und die Fast-Food-Kette Subway.

Anfänglich kann Google Wallet mit der Citi MasterCard und der Google Prepaid Card genutzt werden. Letztere lässt sich mittels beliebiger Kreditkarten aufladen. Laut Tilenius sollen Karten weiterer Anbieter folgen. Wallet bietet nach Ansicht von Google mehr Sicherheit als eine physische Kreditkarte, da die Daten auf dem Smartphone durch ein Passwort und eine Verschlüsselung geschützt sind. Künftig soll Wallet auch Bordkarten und Fahrkarten unterstützen. Die jetzt vorgestellten Möglichkeiten seien nur “die ersten Schritte”, sagt Tilenius. “Es wird etwas dauern, bis wir unsere Vorstellungen verwirklicht haben.”

Gegenwärtig gibt es in den USA nur zwei Telefone mit eingebauten NFC-Chips: Das Nexus S und das Symbian-3-Handy Nokia C7. Bis Ende 2011 wird allerdings noch eine Reihe von Modellen verschiedener Hersteller mit dieser Technik erwartet. Analysten von Forrester gehen davon aus, dass 2011 40 bis 50 Millionen NFC-Telefone verkauft werden. Laut Google werden alle Android-Smartphones künftig mit NFC-Chips ausgestattet.

NFC hätte schon vor Jahren Einzug in die Handys halten können, doch angesichts hoher Chip-Preise fristete die Technik bis vor kurzem ein Schattendasein. Das soll sich angesichts niedriger Chipkosten nun jedoch ändern. Praktisch jeder bekannte Anbieter hat Pläne für NFC in der Tasche. Bei Handy-Platzhirsch Apple unterstützen die aktuell verfügbaren iPhone-Modelle noch kein NFC. Weil der Hersteller keine genauen Angaben macht, ist die Gerüchteküche fleißig am brodeln. So steht gegenwärtig nicht fest, ob die für 2011 erwartete neue iPhone Gerätegeneration 5 mit NFC umgehen kann.

Dennoch dürfte die Nahfeldkommunikation auf ihren Weg in das iPhone finden, denn die entsprechenden Patent-Anträge hat Apple bereits gemacht. Konkretes lässt der Hersteller für das iPad verlauten: Während das iPad 2 gerade frisch auf dem Markt ist, hat Apple für Ende 2011 den Nachfolger iPad 3 angekündigt, der NFC unterstützen soll. Damit die neue Technik nicht ins Leere läuft, arbeitet Apple außerdem an einem eigenen Bezahldienst für iPhone und iPad.

Auch Samsung verfolgt seine eigenen NFC-Pläne. Neben dem Nexus S hat der koreanische Hersteller mit dem ‘Wave 578’ ein weiteres NFC-fähiges Smartphone in petto, das jedoch nicht mit dem Betriebssystem Android läuft, sondern mit dem hauseigenen Bada OS. Das Wave 578 soll hierzulande im zweiten Quartal 2011 erscheinen. Zusammen mit dem Kreditkartenunternehmen Visa plant Samsung ein eigenes NFC-Bezahlsystem, das es Besuchern erstmals bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London ermöglichen soll, bargeldlos mit dem Handy zu bezahlen. Während Samsung die Hardware zur Verfügung stellt, kommt von Visa die passende App. Laut dem Kreditkartenunternehmen soll es dann möglich sein, im Großraum London an mehr als 60.000 Standorten mittels NFC für Waren und Dienstleistungen zu bezahlen. Auch LG soll an einem eigenen Bezahldienst arbeiten und ihn ab 2012 in Europa starten.

Im NFC-Wettbewerb mischt Microsoft ebenfalls kräftig mit und plant Brancheninsidern zufolge, noch 2011 einen NFC-tauglichen Ableger seines Smartphone-Betriebssystems Windows Phone 7 herauszubringen. Konkret wird Nokia: Der finnische Hersteller will seine Smartphones beginnend ab 2011 nach und nach mit NFC ausstatten. Das Nokia C7 unterstützt bereits NFC – laut Hersteller muss NFC allerdings erst durch ein Software-Update freigeschaltet werden. Wann es kommt, steht derzeit nicht fest.

Damit es trotz der vielen Dienste und Geräte nicht zu einem Kommunikations-Chaos kommt, sind viele Hersteller am NFC-Forum beteiligt. Diese Interessenvereinigung will die Kompatibilität der Angebote sicherstellen und kümmert sich um die Weiterentwicklung von NFC. Im März 2011 trat auch Google dem NFC-Forum bei.

In Deutschland sind die NFC-Bezahldienste noch dünn gesät. Eine der Ausnahmen ist der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV), der bereits seit 2007 passive NFC-Funkchips an den Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel einsetzt, die so genannten ‘ConTags’. Berührt man ein ConTag mit einem NFC-Handy, öffnet sich automatisch das Fahrschein-Programm mit bereits eingetragener Starthaltestelle. Nach drei weiteren Klicks ist das Ticket dann elektronisch gebucht. Laut RMV sind die ConTags auch an allen Bahnstationen des RMV, an den Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn sowie an allen Haltestellen im Main-Taunus-Kreis installiert. Der NFC-Ticketkauf funktioniert mit den Nokia-Handys ‘6131 NFC’ und ‘6212’.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die Deutsche Bahn mit dem System Touch & Travel, das durch elektronische Tickets Bahnreisen ohne Fahrkarte ermöglicht. Vor Fahrtantritt halten Kunden dazu das NFC-Handy kurz an ein Terminal am Bahnsteig und melden sich am Ende ihrer Reise auf die gleiche Weise wieder ab. Aus den An- und Abmeldedaten und der Fahrtstrecke berechnet das System im Hintergrund automatisch den Fahrpreis. Bisher läuft das Touch & Travel in der Pilotphase, bei der Testkunden ein passendes NFC-Handy zur Verfügung gestellt wurde. Seit Kurzem können auch Besitzer eines iPhone 3G das System nutzen. Hier funktioniert der Fahrkartenkauf allerdings nicht über NFC, sondern durch Fotografieren von 2D-Barcodes beziehungsweise die Eingabe der Touchpoint-Nummer. Für die Positionsbestimmung mittels Geokoordinaten dient das im iPhone 3G eingebaute GPS-Modul.

Auch die Deutsche Telekom will auf den NFC-Zug aufspringen und hat ein Handy-Bezahlsystem namens “Mobile Wallet” angekündigt, das noch 2011 in Deutschland und Polen starten und ab 2012 auch in den USA, Holland und Tschechien verfügbar sein soll. Um möglichst viele NFC-Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, will die Deutsche Telekom daher auch Angebote von Dritten in das Mobile Wallet aufnehmen. Mit dem System sollen Kunden künftig mit ihrem Handy daher unter anderem für Waren bezahlen, Fahrscheine lösen oder Tickets für Veranstaltungen kaufen können.

Silicon-Redaktion

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