Die ultimative App: iBible für Pad und Phone
“Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, zu predigen, wie es der Geist ihnen eingab” (Apostelgeschichte, Kap. 2, Vers 4). – Nein, das bezieht sich jetzt nicht auf das bevorstehende herrlich verlängerte Wochenende, welches der Christenmensch als Pfingsten feiert, sondern auf den Rest dieser Woche. War da doch – und ist noch – Apple’s World Wide Developers Conference.
Nirgendwo sonst gibt es heutzutage noch so viel Glaube und tiefe Religiosität wie in der Gemeinde von St. Steve. Der Schreiber will derer auch teilhaftig werden – wenigstens finanziell – und hat deshalb die ultimative App geschrieben: “iBle” – Die Heilige Schrift für iPad und -Phone.
Alle theologischen Probleme sind gelöst, alle biblischen Bilder entschlüsselt und für den Apple-User, der ja mit Komplizierterem nicht so zurechtkommt, in schlichte Worte gefasst. Und freudig wird der Schreiber dem Herrn – Jobs – von den Früchten seiner Programmierarbeit dreimal den Zehnt geben.
Zunächst ging die Arbeit am Projekt wirklich leicht von der Hand. Die ersten Worte der iBle (Genesis, Kap.1, Vers 1) lauten: “Am Anfang schuf iGod, der Herr, Pod und Pad.”
Und sogar das älteste aller Mysterien konnte für die App der Apps erstmals und ohne Schwierigkeiten aufgelöst werden, nämlich: Warum hat der Allmächtige für den Prototypen von Unsereinem, für Adam, den Erdling, ausgerechnet Dreck verwendet? – Ganz einfach: Der iGod hat’s eigentlich nicht so mit Menschen. Und deshalb nahm er dafür etwas, das er überhaupt nicht mag, Lehm, oder in seinen Worten: Adobe.
Die exegetischen – und nebenbei bemerkt, auch alle anderen – Probleme begannen aber, als die Gefährtin des Adam ins Spiel kam. Deren Erschaffung führte zwar geradewegs zum ersten dramaturgischen Höhepunkt der Geschichte. Und dabei spielte ja bekannter Maßen zwar neben der Schönen selbst ein Apple die zentrale Rolle.
Wie aber konnten sich die Lüst- und Erdlinge ihrer Sündhaftigkeit überhaupt bewusst werden? Raunzt der Herr doch in der Genesis, Kap. 3, Vers 11, seine buggige Adobe-Schöpfung an: “Wer hat dir’s gesagt, dass du nackt bist?” – Eine wahrhaft göttliche Frage. Denn weder Pad noch Phone können das. Darauf darf nacktes Fleisch schließlich nie zu erkennen sein.
Aber gerade darin liegt die Stärke der iBle. Offenbart doch nur sie, dass der Sündenfall eine Metapher für den allerersten Jailbreak ist.
Einfach verlief wiederum die Portierung des Exodus. In Kap. 31, Vers 18, etwa heißt es: “Nachdem der Herr zu Mose auf dem Berg Sinai alles gesagt hatte, übergab er ihm die beiden Tafeln der Bundesurkunde, steinerne Tafeln, auf die der Finger Gottes geschrieben hatte.” Da mussten nur die Legacy-Tafeln durch iPads ersetzt werden. Damit werden schließlich heutzutage restriktive Gebote unters auserwählte Volk gebracht.
Fragen, die die Gläubigen seit Urzeiten umtreiben werden in der iBle erstmalig beantwortet, etwa die nach Luzifer, dem gefallenen früheren Erzengel. “Zu einem Bild des Schreckens bist du geworden, du bist für immer dahin” (Hesekiel, Kap. 28, Vers 19).
Die Offenbarung der iBle: Beim Leibhaftigen handelt es sich um einen ehemaligen, in Ungnade gefallenen Gefährten des Herrn. Woz klingt ja auch viel brutaler als Luci.
Gelöst ist jetzt auch das Rätsel der Myriam aus Magdala, heute: Migdal. In der herkömmlichen Heiligen Schrift heißt sie Maria Magdalena und ist eine äußerst ambivalente Gestalt, Sünderin und einziger weiblicher Jünger zugleich.
Da aber für die iBle auch die Apokryphen herangezogen wurden, ist die Sache jetzt klar. In Spruch 55 des Philippusevangeliums steht: “Der Herr liebte sie mehr als alle Jünger, und er küsste sie oft auf ihren Mund.” Sie war also mal ein G’schbusi des Herrn. Und stets verbreitet sie die Aura der Heiligkeit.
Wie Schuppen wird es den Gläubigen von den Augen fallen, wenn sie die iBle studieren: Es ist… Genau, Joan Baez. Und “We shall overcome” ist ein Bild für die freudvollen Grenzüberschreitungen, die sie und ihr Geliebter einst wagten.
So, genug für heute. Der Schreiber hat nämlich noch ein Date. Hoffentlich zieht keine iCloud auf!
Nein, es handelt sich um keines der üblichen abendlichen Sommervergnügen an der Isar, wo Männer mit einigen Tragl Bier versuchen, das Paradies zu erlangen. Sowas wäre auch ganz schlecht.
Denn da ist man leicht am nächsten Tag so beieinander wie Johannes, als er die Apokalypse schrieb: “Und ich sah aus dem Meer ein Tier aufsteigen, das zehn Hörner und sieben Köpfe hatte und auf seinen Hörnern zehn Kronen, und auf seinen Köpfen Namen der Lästerung” (Offenbarung des Johannes, Kap. 13, Vers 1).
Und in so einem Zustand könnte man nie erkennen, dass das lästerliche Tier ein androider Pinguin ist. Aber hinter solche Geheimnisse musste der Schreiber für sein iBle-Projekt kommen.
Eine schöne Kollegin war sehr beeindruckt, als der Schreiber sich ihr offenbarte. “Wir könnten ja mal Abends ein Glas Wein bei mir auf dem Balkon trinken”, hat sie gemeint.
Heute ist es soweit. Eine aufregende Situation. Denn da gab’s doch schon einmal so eine Geschichte mit einem Apple.