Techniker trauern um Ludwig II.
Dass Techniker um einen Monarchen trauern, ist eher ungewöhnlich. Nicht jedoch in Bayern. Dort gedachte die Technische Universität München (TUM) ihres Gründers, König Ludwig II. von Bayern, der vor 125 Jahren unter mysteriösen Umständen ums Leben kam.
Der technikbegeisterte Monarch hatte 1868 die ‘Königlich Bayerische Polytechnische Schule zu München’ gegründet, die später zur Technischen Universität wurde. Mit der neuen Hochschule wollte der König die Ausbildung von Ingenieuren in Bayern fördern, um Kompetenz zum Aufbau der industriellen Infrastruktur zu schaffen.
Wer heute die Schlösser des Königs besucht, vermutet in den historisierenden Bauwerken kaum die moderne Technik, mit der der König sie ausstatten ließ. So bezieht die elektrisch ausgeleuchtete Venusgrotte von Schloss Linderhof ihren Strom durch 24 Dynamos des ersten Elektrizitätswerks der Welt (1876) und mittels ausgeklügelter Mechanik wurden die versenkbaren Speisetische in Linderhof und Herrenchiemsee zu “Tischlein deck dich”. Den königlichen Schlitten zierte ein akkubetriebener Mond und auf Schloss Neuschwanstein ging die erste Telefonanlage Bayerns in Beitrieb.
In der Konstruktion des Schlosses Neuschwanstein verwendeten die Baumeister ummantelte Stahlträger und Stahlrippen, beim Bau des Schlosses halfen Lastkräne, die mit Dampfmaschinen betrieben wurden. Der Stil des Bauwerks war zwar einer Ritterburg nachempfunden – drinnen aber sorgte moderne Technik für Annehmlichkeiten: Neben Telefon und elektrischer Rufanlage gab es eine Heißluft-Zentralheizung und fließendes Wasser, in der Küche sogar heiß und kalt. Die Toilette verfügte über eine automatische Wasserspülung.
Ludwig II. hatte weitergehende technische Träume – mit denen er bei den Zeitgenossen jedoch auf Unverständnis stieß. So wurde seine Vision eines “Flugwagens” nach dem Tod des Königs als Beweis einer Geisteskrankheit gesehen – doch schon zehn Jahre später gab es die ersten Flugzeuge.