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“Innovationen bringen Geld”

silicon.de: Herr Stikeleather, was ist die Grundlage für die Weiterentwicklung und den Innovationsprozess von Dell?


Jim Stikeleather, Bild: ioc.ornl.gov

Stikeleather: Unser Ziel ist es, eine Kultur der Innovation zu schaffen, bereichsübergreifendes Denken zu fördern, Innovation und Kreativität zu unterstützen und interne Strukturen aufzubauen, die Mitarbeiter befähigen, Probleme eigenständig zu lösen. Viele Grundgedanken der Innovation finden sich in den Arbeiten von Clayton Christensen (The Innovators Dilemma) und Geoffrey Moore, dessen Position sehr gut in einem Blog deutlich wird.

silicon.de: Wie gehen Sie vor und welche Verfahren wenden Sie an?

Stikeleather: Gründe für den Erfolg von Dell sind der direkte Kundenkontakt und die regelmäßige Auswertung von Tausenden Kundengesprächen, die jeden Tag stattfinden. Diese ‘pragmatische Innovation’ wird durch eine ‘disruptive Innovation’ aus dem riesigen Cloud-Computing-Reservoir ergänzt. Hier geht es unter anderem um neue Möglichkeiten, wie IT bereitgestellt und eingesetzt wird. Im Fokus stehen dabei Möglichkeiten, wie Unternehmen mit IT innovativer werden.

silicon.de: Was bedeutet das für die Weiterentwicklung von Dell als Unternehmen?

Stikeleather: Jedes Unternehmen, das sich weiterentwickeln und zukunftsfähig sein will, muss innovativ sein. Wenn wir innovative Ideen in Produkten und Services umsetzen, lernen wir dazu. Wir sehen, was funktioniert und warum, wir vermeiden Fehlschlüsse bei Erfolgen sowie bei Misserfolgen indem wir Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge genau analysieren. Innovation ist für Dell ein absolutes Muss bei unserem Wandel vom reinen Hardwarelieferanten zu einem Anbieter von IT-Lösungen und Services.

silicon.de: Was sind dabei die Auswirkungen auf die Angebote des Unternehmens?

Stikeleather: Wo immer möglich, wollen wir die Vorteile nutzen, als erste mit einem neuen Produkt oder Service auf dem Markt zu sein. Wem das gelingt, der erzielt Wettbewerbsvorteile. Hier ist nicht nur die kontinuierliche Verbesserung des Vorhandenen gefragt, sondern in weit stärkerem Maße die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, wie man an vielen Beispielen der jüngeren IT-Geschichte leicht erkennen kann. Das heißt: Innovation ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit.

silicon.de: Innovation = Weiterentwicklung. Ist das aber nicht eine prinzipielle Geschäftsgrundlage?

Stikeleather: Innovation wird oft mit ‘Invention’, also einer Erfindung, verwechselt. Dies sind aber zwei völlig verschiedene Dinge. Eine Erfindung kostet meist zunächst Geld, eine Innovation dagegen bringt Geld ein. Anders ausgedrückt: Eine Erfindung ist eine Idee mit dem Potenzial, Innovation zu ermöglichen. Der Zusammenhang zwischen Forschung und Entwicklung auf der einen und Innovation auf der anderen Seite ist weit weniger eng als allgemein vermutet. Forschung und Entwicklung ist eine Möglichkeit, Kapital in Wissen zu verwandeln. Innovation nutzt dieses Wissen und verwandelt es wieder in Kapital, indem das aus F+E entstandene Wissen angewandt wird, um wirtschaftliche Werte zu schaffen.

silicon.de: Was ist dabei so herausragend?

Stikeleather: Im Gegensatz zu inkrementellen Verbesserungen entsteht disruptive Innovation, und damit wirklich Neues, nicht dadurch, dass die aktuellen Bedürfnisse von Kunden erfragt werden. Mit den bekannten Marktforschungs-Tools wird ermittelt, welche zusätzlichen Features und Funktionen in die nächste Version eines bereits vorhandenen Produktes eingebaut werden sollen. Henry Ford hat es einmal so formuliert: Wenn ich die Menschen gefragt hätte, welches Fortbewegungsmittel sie wollen, hätten sie sich für schnellere Pferde entschieden. Wenn es um Innovation geht, führt dieser Weg nicht weiter. Die disruptive Innovation, wie sie beispielsweise Cloud Computing ermöglicht, hat daher für Dell einen hohen Stellenwert.

silicon.de: Welchen Nutzen haben Kunden von Dells Innovationsprozessen?

Stikeleather: Sind die Prozesse zur kontinuierlichen Verbesserung und der disruptiven Innovation einmal institutionalisiert, profitieren die Kunden davon auf verschiedene Art und Weise. Zu bedenken ist jedoch folgendes: Wenn Unternehmen beispielsweise einen immer größeren Teil ihrer IT auslagern, gehen ihnen als Folge von Know-how-Verlusten zwei wichtige Ressourcen verloren – nämlich die Fähigkeit, Innovationen im Technologiebereich selbst voranzutreiben und sie im Geschäftsalltag umzusetzen. Stattdessen übernimmt der IT-Dienstleister für sie die Aufgabe des IT-Innovators, sowohl für die IT-Infrastruktur selbst als auch bei der Umsetzung in Anwendungen.

silicon.de: Entwicklungen in IT verlangen immer größere Investitionen. Wie passt das mit einer laufenden Änderung der Produktfeatures zusammen? Wie sollen die laufenden Verbesserungen in den IT-Komponenten umgesetzt werden?

Stikeleather: Eine pragmatische oder inkrementelle Innovation entspricht dem traditionellen Prozess kontinuierlicher Verbesserungen, wie er von Six Sigma, einer Methode des Qualitätsmanagements, bekannt ist. Hier geht es nicht darum, das mit einem Produkt oder Service verbundene Nutzenversprechen (Value Proposition) oder die Einsatzgebiete zu ändern. Variiert werden lediglich die Kosten, die Qualität oder die Leistung eines Produktes. Die Änderung von Produktfeatures gehört in die Kategorie der laufenden Verbesserungen. Auch wenn es wie Haarspalterei klingt, ist dies keine Innovation.

silicon.de: Gibt es bereits erste Ergebnisse der neuen Feedback- und Innovationsprozesse?

Stikeleather: Bei Dell gibt es eine Reihe von Teams, die sich um das Thema Innovation kümmern, die Trends sowie futuristische Marktthemen und Zukunftsszenarien identifizieren und entwerfen. Die Services Innovation Group konzentriert sich etwa auf mittelfristige Perspektiven. Ergänzend dazu befassen sich die verschiedenen Gruppen mit den kurzfristigen Entwicklungen. Über ‘IdeaStorm’ können Kunden Verbesserungsvorschläge für Produkte einreichen und auf mögliche Schwachstellen hinweisen. Via ‘EmployeeStorm’ präsentieren Mitarbeiter ihre Vorschläge. Von den intern und extern eingegangenen Ideen wurden in der Zwischenzeit schon Hunderte umgesetzt. Mithilfe des ‘Social Media Command Center’ analysieren wir die relevanten Nachrichtenströme. Sobald irgendwelche Probleme auftreten, können wir sofort reagieren.

Silicon-Redaktion

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