Deshalb hört man zu dieser Zeit, ab 5:00 Uhr, wenn die Sonne sich noch unschlüssig ist, ob es sich überhaupt lohnt, noch einmal zu scheinen, tunlicht nur den Deutschlandfunk. Der lässt einen in Ruhe und bringt nur, was man von ihm will, Information halt.

Werbung gibt’s da keine, keine Unternehmenskommunikation. Und so kommt man denn nach einer gewissen Zeit darauf, dass es dieser Tag doch wert sein könnte, ihn zu leben. Es ist schließlich viel los auf der Welt.

Anfang der Woche beispielsweise gab’s in München wieder diese “Social Media Conference”. Das ist nun wirklich kein besonderes Ereignis. Aber interessant könnte es doch werden, denkt man sich. Das Einzige, was man noch machen muss, ist, sich die Anfahrtsskizze zum Tagungsort auszudrucken.

Damit aber beginnt es schon, das Elend der Kommunikation. Moderne Drucker nämlich sind keine schlichten Peripheriegeräte, sondern sie wollen mit einem kommunizieren.

Zu Dumping-Preisen werden sie mit derselben Absicht vertrieben, mit der der Dealer den ersten Schuss verschenkt: mit der Aussicht auf das Folgegeschäft. Der weltgrößte IT-Konzern beispielsweise macht seine Profite nicht mit Supercomputern oder Unternehmenslösungen – was immer auch das korrespondierende Problem sein mag – sondern mit Druckertinte.

Und das kommunizieren sie einem denn auch auf ihrem Display: dass es zuwenig Farbe für einen Schwarzweißdruck gäbe und dass immer ein Rest Tinte in der stets dringend auszutauschenden Kartusche verbleiben müsse. Und Anonymous, Lolzsec und all die anderen Loser, sie wären chancenlos, würden Unternehmen beim Log-in von Surfern so hohe Sicherheitsvorkehrungen treffen wie Druckerhersteller für die – oft scheiternde – Authentifizierung einer Original-Patrone.

Deshalb ist es ratsam, zwei Drucker zu verwenden, einen, den man kommunizieren, und einen, den man drucken lässt. So kommt man denn doch noch rechtzeitig zur Konferenz.

Es geht um Facebook. Das war noch nie eine Plattform für den sterilen intellektuellen Gedankenaustausch. Aber vital war sie. “Hot or not?” hieß sie ursprünglich und war eindeutig im präkoitalen Bereich angesiedelt. Da diskutiert man halt nicht über Hegels „Phänomenologie des Geistes“.

Mittlerweile ist sie die größte Konsumenten-Datenbank der Welt. Und weil sich im prä- wie im postkoitalen Bereich sehr viele “Business-Opportunities” ergeben – wie man das wohl so nennt – Kennenlernmöglichkeiten, Windelverkauf, Immobilienfinanzierung, Lebens- und Sterbeversicherungen – sind dort auch viele Unternehmen unterwegs.

Auf der “Social Media Conference” stellt O2 seinen Auftritt vor, das Unternehmen, das mit “O2 can do” wirbt und bei dem man sich – auch wenn man einen seriösen Telekommunikationsdienstleister hat – stets fragt: Ja, was denn eigentlich?

Die Referentin erläutert, dass man im Netz “Brand-Experience live erleben” könne, und nach einer ganz kurzen Pause – vielleicht, weil sie ein paar fragende Blicke erhascht hat – erklärt sie: “das geht über das reine Branding hinaus” – noch eine Pause – “Sonder-Services: free drinks…”

Das leuchtet einem ein. “Freibier” nennt man das in Bayern. Und gilt gemeinhin als die schönste, universell nutzbare Erklärung. Die diesbezüglichen hiesigen Auseinandersetzungen etwa, Bierkriege genannt, waren die einzigen revolutionären vor 1918.

Der – deswegen wohl – Chef der Referentin ist da noch gnadenloser. Er spricht – Powerpoint-unterstützt – vor allem in Spiegelstichen: “loyalty – reputation – und am Ende des Tages auch: cost-efficiency”. “Am Ende des Tages” sagt er überhaupt sehr oft, wenn er nicht gerade englische Vokabeln übt. – Und so geht das weiter, den ganzen Tag.

Später dann sitzt man daheim auf dem Balkon. Die Radio-Beiträge sind gesendet, der Rotwein, den man trinkt, somit bezahlt. Aber man würde eben gerne mit jemandem drüber reden, kommunizieren halt.

Vielleicht mit dem Drucker? Das wär’ doch eine Opportunity, am Ende des Tages.

Silicon-Redaktion

View Comments

  • Hervorragend
    ... und wieder mal hat es Herr Killer geschafft. Grandios! Vielen Dank für diesen Beitrag.

  • Kommunikation :-)
    Hallo Achim,

    ich habe gerade Deinen Wunsch gelesen:

    "Aber man würde eben gerne mit jemandem drüber reden, kommunizieren halt.
    Vielleicht mit dem Drucker? Das wär? doch eine Opportunity, am Ende des Tages."

    Vielleicht darf ich mich als Kommunikationspartner anbieten, so wie ich das auf Twitter und Facebook für o2 und Alice tagtäglich für unsere Fans und Follower mache.

    Wäre der Mittag auch ok oder muss ich es auf das "Ende des Tages" verschieben?

    Würde mich freuen Dich auch auf http://www.facebook.com/o2de begrüßen zu dürfen :-)

    Liebe Grüße
    Eveline (von o2 - Telefónica)

  • Marketing im Web 2.0
    Liebe Eveline,

    dank Deines Kommentars hab' ich jetzt endlich verstanden, was all diese dynamischen Menschen auf der Social Media Conference, die weder Deutsch, noch Englisch konnten, aber Letzteres versuchten, eigentlich sagen wollten. Und das sollte doch das Resultat von Kommunikation sein: etwas verstehen.

    Ich glaube, Du machst wirklich einen sehr guten Job.

    Viele Grüße

    Achim

  • Danke für das Feedback
    Danke Achim für das nette Feedback und natürlich sind in einem Unternehmen Menschen, die strategisch arbeiten und andere, die das Operative übernehmen, also auch die echte Kommunikation mit dem Kunden :-)

    Lg, Eveline

    PS: Ich mag Powerpoint auch nicht so gerne

  • Endlich hat es jemand mit Kompetenz
    verstanden: die schon legendären Kolumnen von Achim Killer sind ein ausgezeichneter Werbeträger und Multiplikator.
    Danke Eveline3112... und melde dich nie wieder!
    Lieber Gott verschone uns vor dem ÜBEL.

    LG
    Gerhard

    p.s. und wieder eine gelungene Kolumne.
    Hoffentlich ist bald Freitag....

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