In VoIP-Projekten entscheidet häufig die Machtfrage

Die IT-Hersteller entwickeln hochkomplexe Telekommunikations-Technologien, viele CIOs wollen aber lieber die alten PBX-Anlagen behalten. Systemintegratoren müssen zwischen diesen Positionen Brücken vermitteln. Dazu sprach silicon.de mit Rainer Oude Hengel, Solution-Marketing-Berater bei T-Systems.

Wer bestimmt, wie Mitarbeiter telefonieren?

silicon.de: Die Machtfrage scheint in allen großen VoIP- und UC-Projekten ein entscheidendes Thema zu sein. Es gibt immer große Diskussionen um die Frage wer entscheidet, wie die Mitarbeiter telefonieren und kommunizieren. Gerade weil die TK-Abteilungen schon seit vielen Jahrzehnten in den Unternehmen fest verankert sind und sich jetzt gegen die Abgabe von Verantwortung und Budgets an die IT-Abteilung wehren.

Rainer Oude Hengel: In verschiedenen Projekten diskutieren sie mit Verantwortlichen, die sagen, sie würden – Zitat – “die PBX-Anlage im Keller gerne noch ein wenig streicheln”. Nur der Konzern hat ein anderes Interesse und möchte seine Telekommunikation einheitlich auf eine zeitgemäße, homogene und zentral gemanagte Lösung migrieren.

silicon.de: Das klingt als hätten Sie schon öfter die Situation erlebt, dass sich TK-Verantwortliche nicht von einer VoIP-Lösung überzeugen lassen. Wie viel höher wird der Projektaufwand, wenn sie Altanlagen in ein neues VoIP/UC-System integrieren?

Rainer Oude Hengel: Eine “PBX-Anlage streicheln” zu wollen ist sicher kein gutes Argument gegen VoIP oder UC. Was allerdings berücksichtigt werden muss sind kaufmännische Argumente. Etwa die Frage danach, wann eine PBX-Anlage angeschafft wurde und inwieweit sie abgeschrieben ist. Oder welchen Sinn es machen würde, eine funktionierende Anlage auf den Müll zu werfen. Deshalb gehen wir in den Projekten langfristig und investitionsschonend vor.

silicon.de: Welche Rolle haben mobile Geräte und deren Funktionen?

Rainer Oude Hengel: Wenn Leute kommen und sagen sie wollen UC, dann wollen sie immer auch mobile Erweiterungen dazu. Ein UC ohne Mobility-Funktionen – das geht nicht. Das büßt aus Managersicht mehr als 50 Prozent der potentiellen Möglichkeiten ein. Wenn ein Verantwortlicher unterwegs ist, möchte er erreichbar sein und dieselben Kommunikationsmöglichkeiten haben, wie am Schreibtisch.

silicon.de: Spielt Videoconferencing eine ähnlich entscheidende Rolle wie Chat oder Mobility?

Videokonferenz bringe ein neue Qualität

Rainer Oude Hengel: Wenn wir über Desktop-Video sprechen, sind die Möglichkeiten über alle Hersteller hinweg sehr gut abgedeckt. Die Kunden empfinden dieses Videoconferencing häufig als eines der interessantesten Features im Bereich UC, wenn sie es das erste Mal ausprobieren.

Für uns ist es viel spannender die großen HD-Systeme anzubinden – wenn sie beispielsweise einen UC-Server auf der einen Seite haben und auf der anderen Seite ein HD-System mit einem 42-Zoll-Monitor.

silicon.de: Bei den großen HD-Systemen haben Sie das Problem, dass die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz für die Konferenz verlassen, sie müssen eventuell sogar zu dem Hotel fahren, um an der Konferenz teilzunehmen.

Rainer Oude Hengel: Es kommt darauf an, das richtige Medium für den richtigen Prozess zu wählen. Wenn ein Mitarbeiter in einer Drei-Stunden-Konferenz sitzt und er möchte wissen, wie reagiert der Gesprächspartner, was hat er für ein Stirnrunzeln, dann ist es völlig entspannt das in einem Videokonferenzraum zu machen. Die Alternative wäre sich ein paar Stunden in einen Flieger zu setzen, dahin zu fliegen, Hotel, Jetlag und so weiter. Andere Kollegen können über die Desktopgeräte oder über mobile Clients mal spontan oder für ein paar Minuten mit in die Konferenz genommen werden.