Im September muss Google-Chairman Eric Schmidt vor dem kartellrechtlichen Unterausschuss des US-Senats zu unbequemen Fragen über die wachsende Dominanz des Unternehmens im Internet Rede und Antwort stehen. Dabei hatte sich Google lange dagegen gesträubt, dass Schmidt oder eine andere Führungskraft in den politischen Zeugenstand muss. Gerade Eric Schmidt, der zu den profilierten Unternehmensführern des Silicon Valleys gehört, sieht sich viel lieber als führender IT-Berater der Mächtigen in Washington, denn im Kreuzfeuer.
Im Juni gelang es jedoch zwei mit dem Fall Google beauftragen Mitgliedern des Senats durchzusetzen, dass Eric Schmidt selbst vor dem Ausschuss aussagen wird. Der demokratische Senator Herb Kohl hatte zusammen mit seinem republikanischen Partner Senator Mike Lee gedroht, notfalls mit allen rechtlichen Mitteln eine formelle Vorladung und das persönliche Erscheinen zu erzwingen. Dies war aber nicht notwendig, da der Google-Chairman und seine Mitstreiter den Ernst der Lage einsahen.
So konnte Senator Kohl verkünden, dass er sich auf die Teilnahme von Eric Schmidt an der Anhörung des Antitrust Unterausschusses im September freue. Dies werde, so Senator Kohl, erlauben, dass es zu einer wirklich informativen und gründlichen öffentlichen Anhörung kommt. Google wollte ursprünglich weder Schmidt noch CEO Larry Page senden, sondern das Unternehmen durch Chef-Justiziar David Drummond vertreten lassen.
Massive Kartellklage möglich
Die Federal Trade Commission (FTC) hatte schon im Frühjahr eine breit angelegte, formale kartellrechtlichen Untersuchung von Google begonnen und im Juni noch erweitert. Auch die Europäische Kommission ist dabei, zu untersuchen, ob das Unternehmen das europäische Wettbewerbsrecht verletzt. Zudem arbeitet das US-Justizministerium (Department of Justice – DOJ) an strafrechtliche Ermittlungen.
Google bestreitet, dass es rechtswidrig handle, um seine Konkurrenten zu verdrängen. Man habe jedoch Verständnis dafür, dass der wachsende Erfolg unweigerlich zu Beschwerden von verärgerten Konkurrenten und damit zu einer erhöhten Kontrolle durch Regulierungsbehörden führe.
Die gesamte Situation erinnert an das Kartellverfahren gegen Microsoft in der zweiten Hälfte der 90er Jahre. Bill Gates und seine Truppe hatten als Primus für Anwendungssoftware auf dem Desktop-PC die Möglichkeiten des aufkommenden Internets als “Unix-Kram” massiv unterschätzt. So gelang es damals Netscape, mit seinem von Marc Andreessen entwickelten Browser (Mosaic) auf diesem Markt Fuß zu fassen, anfangs ihn sogar zu beherrschen. Darauf musste Microsoft mit der Entwicklung des Internet Explorers reagieren und diesen in einem einmaligen Werbefeldzug durchsetzen.
Dabei versuchten Bill Gates und seine Strategen, dem Internet Explorer durch Produktbündelung mit dem Betriebssystem zum Durchbruch zu verhelfen. Das wurde von Kritikern als wettbewerbswidrig angesehen. Damit begann der sogenannte Browserkrieg. Das US-Justizministerium sah in der Produktbündelung und diesem Vorgehen einen Verstoß gegen einen zuvor geschlossenen Vergleich. Microsoft konnte jedoch die entsprechende Klage 1998 nach drei Jahren in der Berufung durch die glücklichen Umstände eines Richterwechsels in den USA abwehren. In der Europäischen Union muss aber seit Windows 7 ein Programm installiert sein, das die Auswahl eines alternativen Browsers ermöglicht. Bei Google dürfte es in einem möglichen Kartellverfahren um die gesamte Anzeigenpolitik und damit verbundene Zwänge im Internet gehen.
Bei der Betrachtung derartiger Kartellfälle muss aus deutscher Sicht beachtet werden, dass auf beiden Seiten des Atlantiks völlig unterschiedliche Sichtweisen herrschen und Verfahren verfolgt werden. In Deutschland etwa sind Monopole grundsätzlich verboten, in den USA aber erlaubt. Dort wird nur der Missbrauch der Marktmacht bestraft. Auch die beteiligten Behörden verfahren anders. In Deutschland etwa bestimmt die Kartellbehörde durch einen Schiedsspruch, dass ein kartellrechtlicher Missbrauch vorliege. Dagegen kann dann der Verurteilte klagen. In den USA dagegen müssen FTC oder DOJ vor einem ordentlichen Gericht ihre Sicht eines Missbrauchsfalls einklagen. Der Herbst könnte also im Fall Google spannend werden.
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